Bei den Verhandlungen über die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative stiess der Bundesrat in Brüssel auf Granit. Für das Verhältnis zur EU sind jedoch auch andere Themen wichtig, verhandelt wird laufend. Hier drei aktuelle Baustellen:
Institutionelles Rahmenabkommen: Die EU sagt schon seit zehn Jahren, dass sie neue Marktzugangsabkommen – zum Beispiel ein Finanzmarkt- oder ein Stromabkommen – nicht über neue bilaterale Verträge regeln will. Seit 2014 verhandeln Bern und Brüssel deshalb offiziell über ein institutionelles Rahmenabkommen. Dieses soll vor allem klären, wie die Schweiz ihr Recht an die sich wandelnden Normen der EU anpasst und wie bei Auslegungsstreitigkeiten zu verfahren ist. Ein grosser Knackpunkt dabei: wie verbindlich die Urteile des Europäischen Gerichtshofs sein sollen. Dass EU-Richter bei Streitigkeiten das letzte Wort hätten, ist in der Schweiz äusserst umstritten. Nicht zuletzt deshalb erscheint eine rasche Umsetzung auch bei einem positiven Verhandlungsabschluss unwahrscheinlich.
Eine neue «Kohäsionsmilliarde»: Im Zuge der EU-Erweiterung auf 28 Staaten (Stand 2016) verpflichtete sich die Schweiz nach Verhandlungen auf die Zahlung der sogenannten Kohäsionsmilliarde, auch als «Ostmilliarde» bekannt. Das Schweizer Stimmvolk segnete den Betrag ab. Zehn Jahre später hat die EU Bedarf nach einem neuen Betrag angemeldet. Der Bundesrat hat noch nicht entschieden, wie er weiter verfahren will.
EU-Korrespondent Sebastian Ramspeck: «Es gibt viele offene Dossiers. Die EU will mit der Schweiz die Verhandlungen über das Rahmenabkommen abschliessen und erwartet, dass die Schweiz auch in Zukunft Projekte in den osteuropäischen EU-Staaten finanziert. Dafür gab es ja bisher die sogenannte Kohäsionsmilliarde. Umgekehrt will der Bundesrat die Verhandlungen über das Stromabkommen abschliessen, ist an einem Finanzmarktabkommen interessiert. Zudem hat er Anliegen bezüglich Studentenaustausch und Filmförderung. Wie genau es weitergeht, ist unklar; beide Seiten tasten sich ab, lassen sich nicht in die Karten schauen.»
Anpassung von bestehenden Verträgen: Weil das EU-Recht ständig in Bewegung ist, müssen auch bestehende Verträge zwischen der Schweiz und Brüssel regelmässig angepasst werden. Aktuell geht es um das Abkommen über technische Handelshemmnisse. In dessen Bereich hat die EU neue Regeln für Branchen erlassen, die für den Schweizer Export von Bedeutung sin (bsp. Medizinaltechnik, Messgeräte, Telekommunikation). Für die Schweizer Hersteller ist es wichtig, dass die neuen Regeln rasch ins Abkommen integriert werden. Sonst drohen teure Prüfverfahren für die Marktzulassung in der EU.
Laut Medienberichten will die EU hier nun Druck aufbauen und die Anpassungen mit den Verhandlungen über das Rahmenabkommen verknüpfen. Brüssel-Korrespondent Sebastian Ramspeck gibt etwas Entwarnung: «Nach meinen Informationen stimmt das nicht ganz: Diese Frage ist EU-intern noch umstritten, einen Entscheid gibt es noch nicht.»