Die meisten Schweizer Roma sind nicht kriminell und sie ziehen auch nicht mit dem Wohnwagen von Ort zu Ort. Im Gegenteil: Sie führen geradezu ein normales, kleinbürgerliches Leben, erklärt der Roma-Vertreter Mustafa Asan. «Die Schweizer Roma sind sesshaft, sind integriert. Sie leben in eigenen Wohnungen, sie haben einen eigenen Job, einen eigenen Beruf», sagt er gegenüber SRF.
Vom Bauarbeiter über den Krankenpfleger und die Büroangestellte bis zum Rechtsanwalt und Banker: Roma üben die unterschiedlichsten Tätigkeiten aus. Häufig handelt es sich um ehemalige Gastarbeiter und ihre Nachkommen.
Heute leben 50'000 bis 100'000 Roma in der Schweiz. Genau weiss man das nicht. Denn viele von ihnen geben sich gar nicht als Roma zu erkennen, sagt Stéphane Laederich, Direktor der «Roma Foundation» in Zürich. «Viele haben noch Angst, dass sie ihre Freunde, ihren Job oder gewisse Chancen in ihrer Karriere verlieren würden», sagt er. Aus Angst vor den alten Vorurteilen über Zigeuner und das fahrende Volk ziehen sie es deshalb vor, zu schweigen.
Kulturelle Wurzeln verheimlicht
Asan kennt das Gefühl: «Man hat Angst, seine Identität als Roma zu zeigen, weil dann wird man genau mit den Stereotypen verglichen.» Deshalb verheimlichte er zunächst seine kulturellen Wurzeln, als er vor 30 Jahren aus dem ehemaligen Jugoslawien in die Schweiz kam.
«Ich hatte gesagt, ich komme aus Mazedonien. Die meisten Leute haben gesagt, ich würde nicht wie ein Mazedonier aussehen, ich würde anders aussehen. Ich würde aussehen wie einer aus Indien. Das stimmt auch: Die Roma kommen ursprünglich aus Indien.»
«Ich bin ein Roma und bleibe ein Roma»
Allmählich hat der heute 54-Jährige, der lange in der Gastronomie gearbeitet hat, die Angst verloren. Mittlerweile ist er Schweizer Bürger, arbeitet als Kulturschaffender und Grafiker und engagiert sich als Aktivist für Anliegen der Roma. Für ihn sei jetzt klar, dass es kein Widerspruch sei, ein normales Leben in der Schweiz zu führen und sich gleichzeitig zu seinen Roma-Wurzeln zu bekennen.
«Ich bin ein Roma und ich bleibe ein Roma», sagt Asan. «Ich kann die Roma-Sprache sprechen. Ich spreche mit meiner Frau und meinen Kindern Romanes. Das ist etwas ganz normales wie jeder andere Mensch, wie jede andere Sprache und Kultur. Ich werde weiter aktiv sein und vielleicht andere Roma motivieren, dass sie aktiv sind.»
Denn, um Vorurteile abzubauen, müsse man in der Öffentlichkeit auftreten und auf die Menschen zugehen. Zum Beispiel heute Dienstag, anlässlich des internationalen Roma-Tags, an Infoständen in der Berner Innenstadt.