SRF News: Anders als vor zwei Jahren hat der Nationalrat das Sparpaket des Bundes KAP diesmal nicht zurückgewiesen. Hat er die Vorlage auch angenommen?
Géraldine Eicher: Ja, das hat er. Aber ich muss fast mit einem tiefen Seufzer auf diese Frage antworten. Lassen Sie mich das erklären: Heute hatte es zuerst noch so ausgesehen, als wolle der Nationalrat wirklich sparen. Vorhin hat er aber den grössten Sparbrocken aus dem vorliegenden Sparpaket KAP herausgebrochen.
Das heisst, seit 2013 werkelt man in Bern an einem Sparpaket herum. SP und Grüne forderten zwischenzeitlich vom Bundesrat ein kleineres, die SVP ein grösseres Sparpaket. Grösser und kleiner zugleich – das ist natürlich ein absurder Auftrag, eine überflüssige und kostenträchtige Zusatzschlaufe, und auch symptomatisch für den Sparwillen im Parlament.
Wenn es ums Sparen geht, fällt es dem Parlament zwar leicht, einen Sparauftrag zu erteilen. Aber wie man heute sieht: Geht es dann ums Umsetzen, passiert wenig. Zumindest so lange, bis der Bund in tiefrote Zahlen rutscht. Und bisher sind diese Zahlen erst etwas rot.
Was heisst das jetzt für die bürgerlichen Parteien? Vor sechs Wochen waren die SVP, FDP und CVP ja noch gemeinsam aufgetreten. Als «bürgerlicher Schulterschluss» wurde das angekündigt. Zerfällt dieser Schulterschluss, sobald es ums Sparen geht?
Das war schon vor sechs Wochen mehr ein gegenseitiges Schulterklopfen als ein echter Schulterschluss. Schliesslich haben die drei Parteien wichtige Dossiers gar nicht erst zum Thema einer gemeinsamen Politik gemacht.
Das heisse Eisen EU-Schweiz zum Beispiel blieb aussen vor. Man fand grundsätzlich nur etwas, nämlich den kleinsten gemeinsamen Nenner. Und daran wird man weiter festhalten, auch beim Sparen. Man wird punktuell zusammenarbeiten, wo es nicht die eigene Politik, die eigenen Ziele trifft.
Vor sechs Wochen wurde noch Einigkeit beim Sparen demonstriert. Es wurde gesagt, man wolle die Ausgaben auf dem Stand von 2014 einfrieren. Jetzt scherte die CVP aus und steht nun auf der Gewinnerseite. Warum diese Kehrtwende?
Zuerst müsste die Frage stehen, warum haben sie den Schulterschluss überhaupt gemacht? Die Antwort darauf lautet: Weil wir in einem Wahljahr sind. Da macht man eben Versprechen. Und das hat die CVP gemacht. Und als Antwort auf die Frage: Die CVP zieht nicht mit, weil sie mittlerweile einräumen muss, dass ihr der Preis, der dafür zu zahlen wäre, viel zu hoch ist.
Denn was SVP und FDP heute wollten, nämlich die Ausgaben auf 64 Milliarden Franken einfrieren – also deutlich mehr einsparen, als das KAP wollte – hätte nach Ansicht der Personalverbände tausende Stellen gekostet. Die CVP versucht es mit Pragmatismus. Die Strategie von FDP und SVP ist anders. Sie verlangen zu Beginn viel, um dann am Ende wenigstens etwas zu haben. Darum muss sich die CVP heute den Vorwurf gefallen lassen, wortbrüchig zu sein. Nach den Wahlen trifft der Vorwurf vielleicht andere.
Das Gespräch führte Simone Fatzer.