Der Bundesrat will einen zweiten Strassentunnel durch den Gotthard bauen – aber in jede Fahrtrichtung nur eine Spur öffnen. Nötig ist der zweite Tunnel in den Augen des Bundesrates, um während der Totalsanierung die Strassenverbindung durch den Gotthard offen halten zu können.
Der Bundesrat hält damit am Plan fest, den er im Juni 2012 präsentiert hatte. Die Mehrheit der Kantone habe sich für diese Lösung ausgesprochen, schreibt er. Auch eine knappe Mehrheit von Verbänden, Parteien und Organisationen sei dafür.
Kein Mehrverkehr
Mehr Autos als der heutige Strassentunnel sollen die zwei Tunnels aber nicht schlucken. Das will der Bundesrat mit einem Artikel im Bundesgesetz über den Strassentransitverkehr im Alpengebiet (STVG) sicherstellen, damit der Alpenschutz gewahrt bleibt.
Ein temporärer Betrieb von mehr Fahrspuren wird also verboten – auch wenn sich in den Sommerferien auf der A2 die Autos kilometerlang vor den Tunnelportalen stauen. Eine der beiden Fahrspuren in den Tunnels dient als Pannenstreifen. Es handle sich um eine reine Sanierungsvorlage, betont der Bundesrat.
Tunnel immer wieder geschlossen
Wegen Unfällen und Unterhaltsarbeiten muss der Tunnel heute immer wieder vorübergehend gesperrt werden. Ausserdem kämen künftige Generationen bei nächsten Grosssanierungen um eine Sperrung herum, argumentiert der Bundesrat. Die zweite Röhre sei deshalb auch aus finanzieller Sicht langfristig sinnvoll.
Die Bauarbeiten am Gotthard sollen insgesamt rund 2,8 Milliarden Franken kosten. Auf eine Tunnelgebühr zur Finanzierung will der Bundesrat verzichten.
Nationalrats-Kommission ist dafür
Die Kommission für Verkehr im Nationalrat hat sich mit 16 zu 9 Stimmen für ein Eintreten auf die Vorlage des Bundesrates ausgesprochen. Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, dass mit dem Bau der zweiten Röhre und der anschliessenden Sanierung die strassenseitige Anbindung des Tessins ohne Vollsperrung sichergestellt werden könne.
Sie weist darauf hin, dass mit der Inbetriebnahme des zweiten Tunnels die Sicherheit gesteigert und die Zahl der Unfallopfer reduziert werden könne, da durch die richtungsgetrennte Verkehrsführung die Gefahr von Frontal- und Streifkollisionen gebannt werde.
Die heutige Verkehrskapazität bleibe durch die Änderung des Bundesgesetzes über den Strassentransitverkehr im Alpengebiet gesetzlich garantiert.
Das Volk hat das letzte Wort
Gegen die Vorlage ist ein Referendum möglich, und eine Volksabstimmung ist bereits jetzt so gut wie sicher. Die Gegner der zweiten Röhre – darunter SP, Grüne und Alpen-Initiative – haben ein Referendum angekündigt. Eine Abstimmung könnte 2015 stattfinden.
Die Gegner befürchten, dass mit dem zweiten Tunnel die Verlagerungspolitik untergraben wird. Ausserdem werde das in der Verfassung verankerte Verbot der Kapazitätserweiterung durchlöchert. Gegen die zweite Röhre ist auch der Kanton Uri.
Es wäre das dritte Mal nach 1994 (Alpenschutz-Initiative) und 2004 (Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative), dass das Volk direkt oder indirekt über den Bau eines zweiten Tunnels durch den Gotthard befinden würde. Bisher lehnte es solche Bestrebungen immer ab.