Die Geldstrafe ist seit sieben Jahren mit Abstand zur häufigsten Strafe in der Schweiz geworden, nachdem Bundesrat und Parlament den Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches revidiert hatten. Mehr noch: in den meisten Fällen werden Geldstrafen nur bedingt ausgesprochen, sie müssen also nicht einmal bezahlt werden. So habe das Sanktionenrecht kaum mehr abschreckende Wirkung, hat der Bundesrat vor drei Jahren feststellen müssen.
Und deshalb eine Revision seiner Strafrechtsrevision beantragt. Stossrichtung: Wieder mehr Freiheitsstrafen statt Geldstrafen und Abschaffung der bedingten Geldstrafe. Doch übrig geblieben davon ist nach der parlamentarischen Beratung nicht mehr viel.
Einigkeit darüber, dass sich wenig ändert
Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch, Nationalrat der SP, stellt fest: «Ehrlicherweise muss man sagen, dass sich verhältnismässig wenig ändert gegenüber dem heutigen Recht.» Und am anderen Ende des politischen Spektrums sagt Pirmin Schwander, Nationalrat der SVP: «Es ist in keiner Art und Weise eine Verschärfung; es ist reine Kosmetik, die nichts bewirkt.»
Zwar erhält die Freiheitsstrafe wieder ein etwas grösseres Gewicht, indem die Gerichte nur noch Geldstrafen von höchstens 180 Tagessätzen aussprechen dürfen – und nicht mehr von bis zu 360 Tagessätzen. In diesem Punkt sind die Räte dem Bundesrat gefolgt.
Uneinigkeit darüber, ob sich etwas ändern muss
Doch dem Antrag des Bundesrates, dass Geldstrafen in jedem Fall unbedingt sein müssten, hat das Parlament eine Abfuhr erteilt. Und das sei auch gut so, findet SP-Vertreter Jositsch. Denn nach so kurzer Zeit sei völlig unklar, ob die bedingte Geldstrafe tatsächlich nichts bringe. «Es hat sich herausgestellt, dass es keine erhärteten Fakten gibt.»
Deswegen habe man sich gefragt, warum man auf eine Strafe, die dem Bund noch Geld bringe, verzichten solle. «Und das zugunsten einer Strafe, die viel kostet – und erwiesenermassen auch nichts gebracht hat.» Mit dem Status Quo könne man also recht gut leben, findet Strafrechtsexperte Jositsch von der SP.
Könne man gar nicht, sagt demgegenüber SVP-Nationalrat Schwander. Weiterhin werde es so zu problematischen Ungerechtigkeiten kommen: «Nach wie vor entstehen Situationen, dass beispielsweise der Autofahrer hohe Geldstrafen bekommt – und zwar unbedingt. Im Gegensatz dazu bekommt eine Person, die Körperverletzung begeht, eine bedingte Geldstrafe. Das wollen wir korrigieren.»
Das Strafrecht bleibt eine ständige Baustelle
Korrekturen seien nötig, findet auch Jositsch. Doch sei dies der falsche Ort. Wesentlich sei, dass der Strafrahmen harmonisiert werde, das heisst, dass die Gerichte für gleiche Delikte gleiche Strafen aussprechen würden. Und diese Vorlage werde jetzt in Angriff genommen: «Es gibt Delikte, die erstens einmal zu tief angesetzt sind. Und zweitens ist es erwiesen, dass die Gerichte bei sehr vielen Delikten im unteren Strafrahmen bleiben. Das ist ein Thema, das wir tatsächlich aufnehmen müssen – das hat aber nichts mit dem Sanktionenrecht zu tun.»
Die SVP werde ihrerseits weiterhin mit Vorstössen versuchen, das Strafrecht zu verschärfen, kündigt Pirmin Schwander an. Auf ein Referendum gegen die abgeschwächte Vorlage für die Änderung des Sanktionenrechts und damit eine Volksabstimmung aber wolle seine Partei verzichten: «Die kleinen Verbesserungen wollen wir nicht noch rückgängig machen, sondern so belassen. Dafür lohnt sich das Referendum nicht. So oder so bleibt das Strafrecht eine ständige Baustelle.