Der Ständerat hat eine parlamentarische Initiative von Ständerat Didier Berberat (SP/NE) angenommen, die mehr Transparenz bei Lobbyisten fordert. Konkret müssen sich alle professionellen Interessenvertreter für den Zugang zum Bundeshaus akkreditieren lassen.
Dabei müssen sämtliche Mandate, die sie vertreten, offengelegt werden. Wer sich nicht an die Regelung hält, soll sanktioniert werden können.
Der Verband der Lobbyisten im Land, die Schweizerische Public Affairs Gesellschaft (Spag), hatte sich für diese parlamentarische Initiative ausgesprochen. Auch der Verein Lobbywatch Schweiz, der die Interessenverbindungen von Politikern und Lobby-Organisationen unter die Lupe nimmt, begrüsst die Neuregelung. Doch sie sei nur ein erster Schritt, sagt Co-Präsident Thomas Angeli im Gespräch mit SRF News.
SRF News: Wie fest sind Schweizer Parlamentarier oder die Schweizer Gesetzgebung in den Händen von Lobbyisten?
Thomas Angeli: Von alters her sind Interessengruppen hierzulande in die Gesetzgebung eingebunden und vertreten ihre Anliegen. Früher war dies aber primär in der Phase der Vernehmlassung der Fall. Heute geschieht dies immer mehr über direktes Lobbying bei Politikern und der Verwaltung – von Firmen, Verbänden und anderen Lobby-Organisationen.
Wer lobbyiert denn besonders erfolgreich in Bundesbern?
Das lässt sich nicht allgemein sagen und ist sehr von den Themen abhängig. Kürzlich hat mir ein Nationalrat gesagt, er habe am meisten Schreiben von Interessengruppen bekommen, als es um die Lockerung des Abschusses von Schwänen ging.
Wer besonders erfolgreich ist, lässt sich aber nur schwer sagen. Sicher sind Lobbyisten im Gesundheitsbereich und in der Landwirtschaft gut vertreten. Auch im Energiebereich können sich Lobbyisten der Wirtschaft gut durchsetzen, wie man bei der Ausarbeitung der Energiestrategie 2050 sieht.
Das heisst: Grosse Player unter den Lobbyisten lassen sich nicht genau definieren?
Die finanziellen Mittel sind sicher sehr unterschiedlich verteilt. Der Pharma-Verband Interpharma betreibt beispielsweise eine eigene Geschäftsstelle mit mehreren Mitarbeitern. Andere sind viel kleiner. Wer für das Lobbying wie viel ausgibt, ist jedoch völlig unklar. Darüber gibt es keine Transparenz.
Schreiben auch in der Schweiz Lobbyisten Texte, die dann direkt in die Gesetzgebung übernommen werden? In der EU wurden solche Fälle ja bekannt.
Das ist sehr schwer nachzuweisen. Es gibt durchaus Lobbyisten, die zugeben, bei der Formulierung von Gesetzen «beratend tätig» zu sein. Zudem weiss man von gewissen Verbänden, dass sie über Kommissionsmitglieder fixfertig formulierte Gesetzesartikel in die Beratungen einfliessen lassen. Interessen von Lobby-Organisationen haben verschiedene Möglichkeiten, sich im politischen Prozess Gehör zu verschaffen – vom Anfang bis zum Ende.
Der Ständerat hat sich heute mit einer parlamentarischen Initiative befasst, die mehr Transparenz schaffen will. Zumindest müssen alle Lobbyisten, die im Bundeshaus verkehren, sämtliche Mandate offenlegen.
Das ist ein sehr wichtiger Schritt. Heute ist das System nämlich völlig intransparent. Einerseits gibt es Lobby-Firmen, die sich hinter einer Postfach-Adresse verstecken. Niemand hat dort eine Ahnung, wofür sie eigentlich «weibeln». Andererseits gibt es Lobby-Firmen, die ihre Mandate zwar offenlegen, aber niemand weiss, was diese Mandate genau umfassen. Geschweige denn, wie viele Mittel ihnen zur Verfügung stehen.
Bei den finanziellen Mitteln wird die parlamentarische Initiative aber auch nicht mehr Transparenz schaffen.
Das stimmt. Aber bei einer Annahme des Vorstosses wüsste man immerhin, wer für wen lobbyiert. Ginge es darum, auch bei den finanziellen Mitteln Transparenz zu schaffen, würden sicher alle Lobbyisten auf die Hinterbeine stehen und dagegen kämpfen. Ich denke, Ständerat Berberat ist hier realistisch geblieben und forderte einfach einen ersten Schritt in Richtung Transparenz.
Also eine Politik der sehr kleinen Schritte?
Der Vorstoss hat einen hohen symbolischen Wert und ist ein klares Signal für mehr Transparenz. Allein schon die Tatsache, dass es Sanktionen geben kann, wenn jemand seine Mandate nicht offenlegt, zeigt das. Man muss aber auch klar sehen: Wer auf die Gesetzgebung Einfluss nehmen will, muss dies nicht im Bundeshaus tun. Man kann auch in einem frühen Stadium mit einem hohen Bundesangestellten zu Mittag essen und seine Interessen so vertreten.