Wie dürfen die Strafverfolgungsbehörden mutmassliche Täter überwachen? Dieser Frage hat sich heute der Ständerat gewidmet. Die Totalrevision des Gesetzes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) sieht verschiedene Massnahmen vor. Im Fokus stehen der sogenannte «Staatstrojaner» und die Vorratsdatenspeicherung.
Die Strafverfolgungsbehörden wollen den sogenannten «Staatstrojaner» einsetzen, also Software, die heimlich E-Mails oder Internet-Telefonie auf dem Computer eines Verdächtigen überwachen kann. Die Behörden dürften die Überwachung nicht präventiv durchführen, sondern nur im Rahmen eines Strafverfahrens. Der Staatsanwalt und das zuständige Gericht müssten der Überwachung zustimmen.
Stefan Engler (CVP/GR) dazu: «Die Totalrevision ist gemäss der Kommission notwendig, um das Gesetz an die technologische Entwicklung anzupassen und eine effiziente Strafverfolgung gewährleisten zu können. Mit anderen Worten: Die notwendigen Überwachung soll nicht durch die neuen Technologien verhindert werden.»
Kritik an der Software
Die Software soll zudem nur zum Einsatz kommen, wenn es um die Aufklärung besonders schwerer Straftaten geht. Im Vordergrund stehen Tatbestände wie Terrorismusfinanzierung, kriminelle Organisation oder Kinderpornografie.
Dieser Ansicht war Anita Fetz (SP/BS) nicht. Sie machte geltend, dass in den Katalog der schweren Straftaten auch der einfache Diebstahl ab einer gewissen Schwere gehört. Zudem sagen die Experten laut Fetz, dass die entsprechende Software unter Umständen Einfluss auf andere Programme und Funktionen habe. Daten könnten von Dritten verändert, gelöscht oder hinzugefügt werden.
Der Ständerat entschied sich trotzdem dafür, dass die Ermittler die Software einsetzen dürfen. Damit können sie die Kommunikation von mutmasslichen Tätern beispielsweise auch via Facebook oder Skype überwachen.
Vorratsdatenspeicherung tangieren Grundrechte
Die Revision soll aber nicht nur neue Software erlauben, auch die Frist für die sogenannte Vorratsdatenspeicherung soll ausgedehnt werden, von bisher sechs auf neu zwölf Monate. Die Befürworter argumentieren, dass die Verfahren, bis Behörden auf die Daten zugreifen können, zu lange dauern.
Schon heute sind Telekommunikationsfirmen verpflichtet, gewisse Eckdaten aufzubewahren. Beispielsweise E-Mail-Kontakte oder Daten zu Telefongesprächen.
Allerdings der Inhalt selbst wird nicht gespeichert. Zugreifen darauf dürfen Strafverfolgungsbehörden aber nur in einem laufenden Verfahren.
Markus Stadler (GLP/UR) gab zu bedenken: «Es kann sich auch um Personen handeln, deren Unschuld im Nachhinein festgestellt wird.» Es würde zudem bei Leuten mitgehört, die mit dem mutmasslichen Täter zufällig zu tun hätten. Auch Anita Fetz stellte die Verhältnismässigkeit und die Wirksamkeit der Verlängerung der Datenspeicherung infrage.
Der Rat entschied sich schliesslich dafür, die Speicherung der Daten auf ein Jahr zu verlängern.
Nicht unerheblich, wer bezahlt
Umstritten ist auch, ob Fernmeldeunternehmen, welche angeordnete Überwachungen ermöglichen müssen, weiterhin für ihren Aufwand entschädigt werden. Geht es nach der zuständigen Kommission, sollen sie künftig nicht mehr entschädigt werden.
Martin Schmid (FDP/GR) kritisierte: «Nur dann, wenn die Überwachung die Behörden etwas koste, werde sie vernünftig eingesetzt.» Sonst sei die Gefahr da, dass die Behörden künftig dieses Mittel sehr viel mehr einsetzen würden.
Der Rat entschied sich für den Vorschlag des Bundesrates, der den Mittelweg vorschlägt: Die Mitwirkungspflichtigen erhalten vom Dienst eine angemessene Entschädigung für die Kosten der einzelnen Überwachung.
Der Ständerat wird das Gesetz nächste Woche zu Ende beraten.