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Online-Poker.
Legende: Wie viel zusätzliche Prävention braucht die Zulassung von Online-Glücksspielen in der Schweiz? Keystone/Archiv

Session Sucht Schweiz pocht auf Casino-Abgabe für Prävention

Die vom Bundesrat geplante Zulassung von Online-Casinos in der Schweiz wirft neue Fragen zur Spielsucht auf. Diese verursacht jährliche soziale Kosten von einer halben Milliarde Franken. Die Organisation Sucht Schweiz will deshalb die Casinos gesetzlich zu einer Präventionsabgabe verpflichten.

Die Angebote von Online-Glücksspielen wie Roulette und Black Jack stammen bisher aus dem Ausland. Nun will der Bundesrat Online-Casinos zulassen und ausländische Glücksspiele verbieten. Ein umstrittener Punkt sind die Massnahmen gegen die Spielsucht.

Fragen an Silvia Steiner, Sucht Schweiz, im «Politikum». Befürworter des Gesetzes im Rat haben eine Einladung abgelehnt. Auch der Schweizer Casino Verband will sich zurzeit nicht äussern.

SRF News: Mit der geplanten Online-Glücksspielzulassung in der Schweiz soll es auch schärfere Präventionsmassnahmen geben. Ist das nicht positiv?

Silvia Steiner: Die Anbieter sollen verpflichtet werden, den Spielerschutz zu gewährleisten. Wie das in der Praxis aussehen soll, bleibt aber sehr offen im Gesetz. Wir fordern deshalb konkrete Massnahmen bereits im Gesetz.

Die Casinos müssen ein Sozialkonzept ausarbeiten. Geht das zu wenig weit?

Silvia Steiner von Sucht Schweiz.
Legende: Silvia Steiner von Sucht Schweiz:Casinos sollen verstärkt in den Spielerschutz eingebunden werden. SRF

Das Sozialkonzept ist eine gute Sache, aber der Spielerschutz darf nicht bei der Casino-Tür aufhören. Unter anderem muss die ganz zuletzt aus dem neuen Gesetz gestrichene beratende Expertenkommission wieder eingeführt werden. Sie soll den besseren Spieler- und auch Jugendschutz gewährleisten. Ebenso verlangen wir eine zweckgebundene Spielsucht-Abgabe der Casinos zur Unterstützung der von den Kantonen bezahlten Präventionsmassnahmen.

Sie wollen eine neue umstrittene Spielsucht-Kommission schaffen, obwohl es bereits die Spielbanken- und die Lotterie-Kommission gibt, die gemäss Vorschlägen des Bundesrates die Prävention verstärken sollen. Ist dieser bürokratische Zusatzaufwand nötig?

Bei diesen Aufsichtsbehörden ist je eine Person für die Prävention vorgesehen. Diese grosse Aufgabe des Spielerschutzes und die grosse Problemlast durch Spielsüchtige in der Schweiz braucht eine breitere Expertise. Inbesondere auch wegen der Öffnung des Online-Marktes.

Was würde diese unabhängige Kommission machen?

Die Kommission wäre als Konsultativorgan tätig und hätte keine Entscheidungsbefugnisse. Sie würde die Vollzug- und Gesundheitsbehörden sowie die Veranstalter beraten. Die Unabhängigkeit ist sehr wichtig. Denn Bund und Kantone und damit auch die Aufsichtsbehörden haben sehr unterschiedliche Aufgaben. Zum einen die Generierung von Steuereinnahmen durch attraktive Glücksspiele, zum anderen den Spielerschutz. Es ist zu befürchten, dass dieser zugunsten der finanziellen Interessen auf der Strecke bleibt.

Würden damit die Casinos nicht für eine allgemeine Aufgabe belastet, denn es gibt ja nicht nur Spielsüchtige, die in Casinos spielen?

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Das stimmt. Aber die Einnahmen von Lotterien und Spielbanken betragen weit über einer Milliarde Franken. Da liegt eine kleine Abgabe an die sozialen Kosten der Spielsucht von einer halben Milliarde Franken drin. Im neuen Gesetz sollen also nicht alleine die Kantone zu Massnahmen verpflichtet werden, die zurzeit nur eine nicht ausreichende zweckgebundene Abgabe aus den Lotterien erhalten.

Spielsucht ist in der Öffentlichkeit nicht derart präsent wie etwa die Sucht bei Alkohol oder illegalen Drogen. Weniger als ein Prozent der Bevölkerung zeigt laut Studien ein problematisches Spielverhalten.

Man geht von 75'000 bis 120'000 Spielerinnen und Spieler aus, die entweder exzessiv, problematisch oder schon süchtig spielen. Die sozialen und finanziellen Folgen sind sehr gross, ebenso der Leidensdruck von Familienangehörigen. Spielsüchtige in Behandlung haben im Durchschnitt Schulden von einer Viertelmillion Franken.

Wird in solchen Fällen nicht vor allem da nicht vor allem illegales Glücksspiel betrieben, wo Casino-Betreiber ohnehin keine Prävention betreiben könnten?

Nicht nur. Es gibt sehr viele problematische Automaten-Spieler. Dazu kommen die vor allem in der Romandie verbreiteten elektronischen Lotterien, die nachweislich eine sehr grosse Problemlast darstellen.

Untersuchungen zeigen aber auch, dass die Spielsucht zurückgeht?

Die Spielsucht ist relativ konstant geblieben in den letzten Jahren und pendelte sich bei 1,0 bis 1.2 Prozent ein. Einen Rückgang kann man aufgrund der Bevölkerungsbefragung nicht beziffern.

Das Gespräch führte Lukas Mäder.

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