Die wichtigsten Aussagen im Video
Die Eintretensdebatte zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative ist nach ziemlich genau drei Stunden an ihrem Ende angelangt. Der Rückweisungsantrag von SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz wurde abgeschmettert: Mit 125 zu 68 Stimmen bei drei Enthaltungen geht es in die Detailberatung.
Der Abstimmung vorausgegangen ist eine heisse Diskussion um den «Inländervorrang light», welcher die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) eingebracht hat. Das Kernstück dieses Vorschlags soll Firmen verpflichten, offene Stelle zunächst den Regionalen Arbeitsvermittlungszentern (RAV) zu melden. Der SVP geht dieser Vorschlag zu wenig weit. Denn er sieht keine Höchstzahlen und Kontingente für Ausländer vor.
Alle 10 Punkte nicht erfüllt
Für die Kommission spricht der Solothurner FDP-Nationalrat Kurt Fluri. Er tritt für eine Entspannung des Verhältnisses mit der EU ein. Er fasst die Beweggründe der Mehrheit der SPK-N zusammen: Studien zeigten, dass ein Wegfall der Bilateralen massive Konsequenzen für die Schweizer Wirtschaft hätten: «Eine Kündigung dieser existenziellen Verträge konnten wir nicht riskieren.»
Für die SVP selbst bezieht Fraktionschef Adrian Amstutz Stellung. Er ergreift harte Worte, bezeichnet den Lösungsvorschlag der Kommission als «Gesetzesruine», welcher einem Verfassungsbruch gleichkomme. Von zehn Punkten, welche die SVP in der Initiative gefordert habe, seien zehn nicht erfüllt. «Da kann man nicht erwarten, dass die SVP dem zustimmt.»
Die SVP überrascht dann mit einer neuen Taktik: Zahlreiche eigene Partei-Vertreter stellen Amstutz Fragen – und verlängern damit dessen Redezeit. Das sorgt auf der einen Seite für Belustigung, aber auch für Empörung. Auf Twitter verschaffen diverse Nationalräte ihrem Unmut darüber Luft.
BDP und CVP fordern weitere Schritte
Die Fraktionssprecher erklären ihre Standpunkte. Den Anfang macht BDP-Präsident Martin Landolt: Endlich mache man vorwärts: «Ich spreche nicht von ‹Inländervorrang light›, extra light oder ultra light» – es müsse endlich mit der konsequenten Förderung inländischer Arbeitskräfte begonnen werden: «Der Kommissionvorschlag ist ein erster, ein guter Schritt dazu.» Aber es müssten weitere Schritte folgen.
Ruth Humbel (CVP/AG) ist der Meinung, die Schweiz habe gegenüber der EU eine gute Verhandlungsposition. Immerhin habe die Schweiz schon oft EU-freundlich abgestimmt, sie halte die Verträge ein, und über 16 Prozent der Schweizer Bevölkerung stamme aus EU- oder EFTA-Staaten.
Für die Grünen tritt Balthasar Glättli (ZH) ans Mikrofon. Er beginnt unkonventionell und dankt zunächst allen denjenigen, «die dazu beitragen, dass unser Wohlstand gemehrt wird: jene Menschen, die unsere Schulhäuser bauen, unsere Älteren pflegen, an Universitäten und Firmen innovative Erfindungen machen.» Glättli macht klar, dass die Abstimmung über die Masseneinwanderungs-Initiative niemals gleichzeitig eine Abstimmung war zur Kündigung der Bilateralen. Dies habe auch die SVP betont.
Eine «ehrliche Lösung»
Die Grünliberalen sind mit dem Vorschlag der Kommission einverstanden. Tiana Angelina Moser sagt, den Fünfer und das Weggli gebe es hier nicht. Die SPK-N-Lösung sei gerecht und reguliere da, wo es Handlungsbedarf gebe. Es sei eine sanfte Umsetzung – aber es sei eine ehrliche Lösung, die klar auf den Tisch lege, was möglich sei.
Nach diesem eher ruhigen Intermezzo wird es wieder gehässiger. Cédric Wermuth (SP/AG) bezeichnet die Haltung der SVP als «grotesk»: «Sie haben kein Konzept und nie Interesse an einer Lösung gezeigt.» Nicht die anderen Parteien, sondern die SVP selbst hätte die Wähler hinters Licht geführt: «In der Kommission haben ihre Mitglieder Arbeitsverweigerung geleistet. Nun treten sie nach einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit einem Rückweisungsantrag in Erscheinung.»
Zum Schluss der Eintretensdebatte ergreift Justizministerin Simonetta Sommaruga das Wort. Die Kommunikation mit der EU sei schlecht gewesen. Plan A sei dennoch eine einvernehmliche Lösung mit der EU. Einseitige Massnahmen zur Deckelung der Zuwanderung seien Plan B – unberechenbare Retorsionsmassnahmen könnten die Folge sein, so Sommaruga. Sie bittet den Rat, auf die Vorlage einzutreten, was diese dann auch tun.