Petra Klingler steht vor einer hohen Wand in der Kletterhalle Milandia in Greifensee/ZH. Die 25-Jährige hakt sich am Sicherungsseil ein, reibt sich Magnesium auf die Hände und fasst zwei rote Griffe an der Wand. Dann klettert sie flink wie Spiderman die Wand hoch und lässt sich danach am Sicherungsseil wieder herunter.
20 Stunden Trainning pro Woche
Etwa zehnmal meistert sie die senkrechte Wand in horrendem Tempo – als ob sie die Wand hochrennen würde. Und das ist erst der Anfang ihres Trainings. Seit Klinglers Kindheit ist das Sportklettern ein wichtiger Teil ihres Lebens; Woche für Woche verbringt sie mehr als 20 Stunden in der Kletterhalle.
Die aktuelle Kletter-Weltmeisterin ist aber auch Studentin der Psychologie und des Sports. Das schafft Probleme: «Mein Saisonhöhepunkt ist zur gleichen Zeit, wie die Prüfungen. Das ist sehr unglücklich», sagt sie. Ausserdem bestünden Anwesenheitspflichten an der Uni, weshalb sie schon habe Wettkämpfe ausfallen lassen müssen.
Uni kam ihr zunächst wenig entgegen
Sie hätte sich erhofft, dass ihr die Universität entgegenkäme, auch wenn sie wegen eines Wettkampfs eine Pflichtlektion verpasst: «Ehrlich gesagt, bin ich etwas enttäuscht.» Sie habe sich vor dem Studium zum Thema informiert, worauf es von der Uni geheissen habe, da würden schon Lösungen gefunden.
Erst nachdem ich meinen ersten Weltcup-Sieg gefeiert hatte, kam mir die Uni entgegen.
Doch es habe sich gezeigt, dass sie für jeden Anlass eine offizielle Bestätigung einreichen musste, was einen grossen Aufwand bedeutet habe – zudem seien die Gesuche dann trotzdem abgelehnt worden.
«Erst nachdem ich meinen ersten Weltcup-Sieg gefeiert hatte, kam mir die Uni entgegen.» So habe sich die Situation verbessert. Dank dem sportlichen Erfolg konnte Klingler schliesslich mit verschiedenen Dozenten spezielle Ausnahmeregelungen vereinbaren.
Eine Art Teilzeit-Modell fürs Studium
Als Jugendliche besuchte Klingler das Sportgymnasium. Die spezielle Mittelschule für Athletinnen und Athleten dauert ein Jahr länger bis zur Matur, dafür bleiben die Nachmittage frei fürs Training.
Eine Art Teilzeitmodell würde Klingler auch fürs Studium begrüssen. Doch momentan fehle dies, und das sei für viele Sporttalente ein grosses Hindernis. Weil sich die vielen Trainingsstunden, die Wettkämpfe und die Präsenzzeiten an der Uni nicht vereinbaren liessen hätten viele ihrer Schulkameraden den Spitzensport aufgegeben.
Klarheit schaffen
Bei der Spitzen-Kletterin stossen die jetzt von Swissolympic und den Universitäten bekannt gegebenen Ideen auf offene Ohren. Aus ihrer Sicht wären fixe Ansprechpersonen für Sportler das Wichtigste: «Es braucht eine Anlaufstelle und ein klar aufgebautes System», sagt Klingler.
Sie ist überzeugt, dass mit kreativen Ideen ohne grossen Aufwand Lösungen etabliert werden könnten, so etwa indem eine Semesterprüfung an einem anderen Termin an einer anderen Uni absolviert werden könnte, wenn der Lehrgang übereinstimmt. Immerhin: Klingler ist zuversichtlich, dass das Problem der Vereinbarkeit von Spitzensport und Studium jetzt erkannt ist.