Nach intensiven Diskussionen hat die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK) die Marschrichtung bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative beschlossen. Die Mehrheit stimmte mit 6 zu 2 Stimmen bei 5 Enthaltungen für das Konzept von FDP-Ständerat Philipp Müller – also eine verschärfte Version des «Inländervorrang light». Dies gab Kommissionspräsident Peter Föhn (SVP/SZ) vor den Bundeshausmedien bekannt.
Absagen müssen begründet sein
Nach Müllers Konzept sollen Arbeitgeber den Arbeitsvermittlungsbehörden offene Stellen nicht bloss melden müssen. Stehen geeignete Stellensuchende zur Verfügung, sollen die Arbeitgeber inländische Bewerber auch tatsächlich zu einem Gespräch einladen müssen. Ablehnungen müssten sie gegenüber den Behörden begründen. Und zwar nicht mit Floskeln, sondern mit individuellen Begründungen, stellt Müller klar.
Betroffen wären nur Berufsgruppen und Tätigkeitsbereiche mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit, betonte Müller weiter. Sein Konzept funktioniere zudem ohne Höchstzahlen und Kontingente.
Weitere Vorschläge standen zur Debatte
Mit einer Stimme (7 zu 6) gegen den Antrag Müllers unterlegen ist jener des Solothurner CVP-Ständerats Pirmin Bischof. Er will die Zuwanderung nötigenfalls auch ohne den Segen Brüssels einschränken können: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sollte der Bundesrat dem Parlament einseitige Massnahmen vorschlagen können. Im Nationalrat war die CVP mit einem ähnlichen Vorschlag gescheitert.
Chancenlos waren die Anträge von Föhn für eine wortgetreue Umsetzung der Initiative sowie der Vorschlag des Bundesrats, bei Überschreitung eines Schwellenwerts Höchstzahlen einzuführen. Beide Konzepte würden das Freizügigkeitsabkommen mit der EU offenkundig verletzen.
Nationalrat genügt Meldepflicht
Der Nationalrat hatte sich im September für einen «Inländervorrang light» ausgesprochen. Danach müssten offene Stellen beim Arbeitsamt gemeldet werden, wenn bei der Zuwanderung gewisse Schwellenwerte überschritten wurden. Inländische Arbeitskräfte hätten dadurch einen zeitlichen Vorsprung gegenüber der ausländischen Konkurrenz. Jedoch würde der Verfassungsauftrag, die Zuwanderung mit Höchstzahlen und einem Inländervorrang eigenständig zu steuern, nur teilweise umgesetzt – weshalb die Ständeratskommission über weitere Konzepte diskutierte, die SVP-Initiative umzusetzen.
Schärferer «Inländervorrang light» EU-kompatibel?
Die Vorlage geht nun ins Parlament. Der Ständerat diskutiert in der Wintersession über die Vorlage.
Ob sich Müllers Konzept mit dem Abkommen verträgt, ist unter Experten umstritten. Die EU-Gremien haben sich vorläufig nicht dazu geäussert. Doch Müller meinte bereits: «Wir erwarten das übliche Säbelrasseln.»
Die EU hatte aufgrund der Personenfreizügigkeit stets gefordert, dass die Schweiz In- und Ausländer gleich behandelt. Das Dilemma zwischen Freizügigkeitsabkommen und Zuwanderungsartikel beschäftigte die Politik seit Annahme der Masseneinwanderungsinitiative. Diese muss bis zum 9. Februar 2017 umgesetzt sein.