Die Elektrizitätsunternehmen fordern in den nächsten zehn Jahren sechs Milliarden Franken Staatshilfe. Das zeigen Recherchen der «Rundschau». Zurzeit berät die Umwelt- und Energiekommission des Ständerats (Urek) verschiedene Fördermodelle für die Schweizer Wasserkraft. Brisant: Fast die Hälfte der Kommissionsmitglieder hat selber Verwaltungsratsmandate in der Stromwirtschaft.
Massive Staatshilfe für die Wasserkraft. Das fordert der Verband der Schweizer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Mit drei Milliarden Franken sollen die heute bereits bestehenden Anlagen gefördert werden. Darüber hat bereits die «Handelszeitung» berichtet. Doch gemäss dem in der Kommission verteilten Papier, das der «Rundschau» vorliegt, fordert die Strombranche das Doppelte.
Weitere drei Milliarden sollen als Investitionsbeiträge in neu zu bauende Anlagen fliessen. Besonders brisant: Die Mittel für diese Geldspritze sollen aus dem Fördertopf für die Solar- und Windenergie abgezapft werden.
«Ein System von institutionalisierter Korruption»
Die zuständige Umwelt- und Energiekommission lässt vom Bund zurzeit verschiedene Fördermodelle prüfen. Die Interessen der Stromwirtschaft sind in der Urek auffällig gut vertreten: Sechs der 13 Mitglieder haben selber Verwaltungsratsmandate in der Elektrizitätsbranche, insbesondere bei Wasserkraftwerken. Der grüne Genfer Ständerat Robert Cramer kritisiert die Interessenbindungen seiner Kollegen scharf: «Das ist das Schweizer System. Ich halte das für eine Form von institutionalisierter Korruption», so Cramer. So kämen stark interessengeleitete Entscheide zustande.
Die Erklärungen der Stromlobby
«Das ist dummes Gerede», wehrt sich Werner Luginbühl. Der Berner BDP-Ständerat ist Verwaltungsratspräsident der Kraftwerke Oberhasli (KWO). «Wir haben ein Milizsystem. Da gehört es dazu, dass Vertreter der Praxis ihre Meinung einbringen können», so Luginbühl. Der Bündner FDP-Ständerat Martin Schmid weibelt besonders eifrig für die Wasserkraft: «Wenn die Kommission jetzt ein Fördermodell beschliesst, muss das nachher noch in den Ständerat und auch noch in den Nationalrat.»
Auch andere Branchen seien zurzeit heftig am Lobbyieren für Fördergeld. Schmid selber ist Verwaltungsratspräsident der Engadiner Kraftwerke und Verwaltungsrat des Stromkonzerns Repower. Martin Schmid betont zudem, dass sich die Wasserkraft im Besitz der öffentlichen Hand befindet: «Ich setze mich für die Interessen der Bündner Wasserkraft und damit der Bevölkerung ein.»
Bund will nichts wissen von flächendeckenden Subventionen
Umstritten ist, wie schlecht es der Wasserkraft wirtschaftlich zurzeit überhaupt geht. Unbestritten ist, dass es in Europa gegenwärtig zu viel Strom gibt und die Preise deshalb im Keller sind.
Doch der Bund sieht die Lage der Wasserkraft deutlich weniger dramatisch als die Branche selber: «Wir sind überzeugt, dass es keine flächendeckende Unterstützung für die Wasserkraft braucht», betont Pascal Previdoli. Der Vizedirektor des Bundesamtes für Energie geht davon aus, dass höchstens im Einzelfall und «sehr restriktiv» eine Unterstützung zu prüfen sei. Die Kommission entscheidet am 27. Mai 2015.