Auf den ersten Blick klingt es wie der goldene Ausweg: Die Schweiz unterzeichnet das Protokoll mit Kroatien zwar nicht – aber sie wird die vorgesehene Personenfreizügigkeit in der Praxis anwenden. Während den ersten zehn Jahren gilt diese Freizügigkeit ohnehin nur eingeschränkt.
Wie kommt das bei der EU an? Richard Jones, EU-Botschafter in Bern, sagt zwar, er kenne die Einzelheiten nicht. Aber offenbar habe die Schweiz Kroatien ein solches Angebot gemacht. Ein Angebot, dem Jones nicht viel abgewinnen kann.
Kroatien erhalte so keine langfristige Perspektive für eine volle Personenfreizügigkeit, wie es das Protokoll vorsieht, moniert Jones. Und Kroatien würde so anders behandelt werden als andere EU-Staaten.
Zugang zu Bildungs- und Forschungsprogrammen?
Aus Schweizer Sicht ist das Hauptproblem, dass die EU die Schweiz vorderhand von Bildungs- und Forschungsprogrammen wie «Erasmus plus» und «Horizon 2020» ausgeschlossen hat. Die Überlegungen in Bern: Die EU könnte die Schweiz wieder zu diesen Programmen zulassen, wenn die Schweiz einen Deal mit Kroatien finden würde.
Doch EU-Botschafter Richard Jones winkt ab. So einfach gehe das nicht, denn die EU-Kommission habe ein Mandat von den Mitgliedsstaaten.
In diesem Mandat heisse es klar, dass sich die Schweiz zur Personenfreizügigkeit bekennen müsse. Und dass die Schweiz das Protokoll mit Kroatien unterzeichnen müsse. Solange das nicht geschehe, könne die Schweiz nicht an diesen Programmen teilnehmen.
«Ein Problem, das 28 Staaten betrifft»
Die Schweiz muss also nicht nur Kroatien von einer möglichen Kompromisslösung überzeugen, sondern auch die anderen EU-Mitgliedsstaaten. Denn diese könnten das Mandat an die EU-Kommission anpassen.
Einfach wird das nicht. Das weiss auch Yves Rossier, Staatssekretär im Aussendepartement in Bern.
Letzte Woche hat er noch Gespräche in der kroatischen Hauptstadt geführt. Aber ihm ist bewusst: «Es ist nicht nur ein Problem in Zagreb. Es ist ein Problem, zu dem 28 Staaten Ja sagen müssen. Man kann das nicht reduzieren auf die Haltung Zagrebs in dieser Frage. Gar nicht.» Es gibt also noch viel zu verhandeln, in den nächsten Tagen und Wochen.