Das dunkle Kapitel der Verdingkinder und Weggesperrten soll weiter aufgearbeitet werden. Das haben Betroffene und Behörden an einem runden Tisch entschieden. Nun geht es insbesondere um Menschen, die in psychiatrischen Anstalten sassen und dort als Versuchskaninchen dienten, um Medikamente zu testen.
Dass solche Medikamentenversuche noch bis in die 70er Jahre durchgeführt wurden, ist unbestritten. Wenig bekannt ist aber über die Betroffenen und über die Häufigkeit solcher Versuche. Auch stellt sich die Frage, wer sie angeordnet hat.
«Man weiss sicher noch viel zu wenig darüber», sagt Luzius Mader, Vizedirektor des Bundesamts für Justiz. Deshalb tue Aufarbeitung dringend Not. Der Bundesrat hat Mader an den runden Tisch für die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen delegiert.
Da wird also ein weiteres unrühmliches Kapitel Schweizer Geschichte aufgeschlagen. Es soll wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Und man wolle überlegen, ob Betroffenen solcher Versuche zusätzliche Beratung und Unterstützung zukommen soll, sagt Mader.
Fall Münsterlingen wird untersucht
Erst kürzlich kündigte die Thurgauer Regierung an, solche Pharma-Experimente an der Klinik Münsterlingen untersuchen zu lassen. Der Thurgauer Volkswirtschaftsdirektor verstieg sich dann zu der heftig kritisierten Aussage, dass solche Tests zwar tragisch für die Opfer, aber doch auch nützlich für die Forschung gewesen seien.
Damit war für die Betroffenen am runden Tisch des Bundes erst recht klar: Dieses Thema gehört dort mit auf den Tisch.
(amka;brut)