Die Emotionen gingen hoch vor der Abstimmung zur Pädophilen-Initiative, die pädosexuellen Straftätern lebenslänglich verbieten wollte, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Das Stimmvolk nahm die Vorlage deutlich an, mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 63,5 Prozent. In diesem Jahr nun steht die Umsetzung der Initiative an.
Bereits die Diskussion rund um die Vorlage hatte konkrete Folgen: Beim Forensischen Institut Ostschweiz (Forio) in Frauenfeld meldeten sich schon vor der Abstimmung mehr Pädophile zur Therapie an als früher. Und auch danach blieb das Interesse am Beratungs- und Therapieangebot hoch – mit 30 Neuanmeldungen.
Keine Übergriffe, keine Kinderpornografie
Forio-Geschäftsführerin Monika Egli-Alge führt dies aber nicht darauf zurück, dass Pädophile nun Angst vor härteren Strafen haben, sondern auf «die Sensibilisierung der Betroffenen selbst». Seit sechs Jahren bietet das Institut Therapien für Menschen mit einer so genannten sexuellen Präferenzstörung an. In Zug wurde Ende letzten Jahres eine Zweigstelle eröffnet.
Die Forschung geht davon aus, dass einer von hundert Männern pädophil ist, also auf vorpubertäre Körper sexuell anspricht. Bei der Therapiearbeit gibt es denn klar abgesteckte Ziele, wie Fachpsychologin Egli-Alge erklärt. Einerseits soll es zu keinen sexuellen Übergriffen an Kindern kommen, andererseits sollen die Betroffenen auch den Konsum von Kinderpornografie unterlassen: «Die Betroffenen müssen akzeptieren, dass sie die Präferenzstörung haben», sagt Egli-Alge, «das ist oft ein langer, innerer Reflexionsprozess.» Entsprechend können auch die Therapien über Jahre andauern.
Bundesrat will Umsetzungsvorschlag im Frühling präsentieren
Auch an den Universitären Psychiatrischen Kliniken in Basel gibt es eine spezielle Fachstelle, an die sich Pädophile wenden können. Allerdings haben sich dort seit der Initiative nicht mehr Betroffene gemeldet als früher. Trotzdem will Basel das Projekt weiterführen. Marc Graf, Direktor der forensisch psychiatrischen Klinik glaubt, dass die Hemmschwelle für Betroffene bei einer Klinik, die allen offen steht, grösser ist. Für Graf ist zudem wichtig, dass Vorurteile abgebaut werden, weil diese den speziellen Therapieangeboten im Weg stünden: «Pädophile suchen sich ihre sexuelle Präferenz ebenso wenig aus wie Homosexuelle.»
Doch die Diskussion zum Thema dürfte bald wieder hitziger geführt werden. Im Frühling nämlich will der Bundesrat seinen Vorschlag zur Umsetzung der Pädophilen-Initiative vorstellen.