Seit gestern Abend weiss man, wie viele Menschen in eine Turnhalle passen: knapp 1000. Die Stühle reichten nicht, und so mussten viele Dorfbewohner bis hinten bei der Kletterstange stehen. Formal ging es in Giffers (FR) um eine Informationsveranstaltung des Staatsekretariats für Migration (SEM).
Dann ging es aber laut und turbulent zu. Eine Mehrheit in der Turnhalle wehrte sich gegen die Pläne, das Seminarzentrum Guglera in ein Asylzentrum zu verwandeln. Die Zahl der 300 Asylsuchenden verängstigte die Dorfbewohner.
Ein Dorfbewohner wurde dabei besonders beschimpft: Beat Fasnacht. Er hat das Land an das Staatssekretariat für Migration verkauft.
Bis diesen Sommer leitet er dort ein Adipositas-Therapieprogramm für Jugendliche. Unter Adipositas versteht man Fettleibigkeit. In der Schweiz leben 40'000 Jugendliche, die unter Fettleibigkeit leiden. In der Gesellschaft haben sie es ungemein schwer, sich einzugliedern. Eine Lehrstelle zu finden, ist für viele ein Ding der Unmöglichkeit. Im Seminarzentrum Guglera werden sie auf eine berufliche Integration vorbereitet.
Doch wer ist eigentlich dieser Beat Fasnacht, der ein ganzes Dorf in Wallung gebracht hat?
SRF News: Herr Fasnacht, wer sind Sie?
Ich bin seit gestern 65 Jahre alt, seit über 30 Jahren mit Gaby verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern und als Social Entrepreneur unternehmerisch tätig. Ich bin einer, «der etwas tut».
Warum haben Sie Ihr Institut an das Staatssekretariat für Migration verkauft?
Wir standen vor einer Wegscheide. Obwohl unser Adipositas-Therapieprogramm zu den Besten in Europa gehört, sahen wir uns gezwungen, den Betrieb ab Sommer 2015 einzustellen. Der Grund ist, dass in der Schweiz Adipositas noch immer nicht als Krankheit anerkannt wurde.
Aber warum soll das Institut ausgerechnet als Asylzentrum dienen?
Weil es für die Asylanten auch einen Glücksfall darstellt. Es wäre für mich grossartig, wenn wir in Zusammenarbeit mit dem SEM und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit die Asylanten ausbilden und sie später wieder zurück in ihr Heimatland schicken könnten. Wir dürfen etwas nicht vergessen: Die Asylanten, die es bis zu uns geschafft haben, zählen zu den Fähigsten ihres Landes. Wenn wir die nicht ausbilden, haben wir eine einmalige Chance ausgelassen.
Und was machen Sie mit den adipösen Jugendlichen, die jetzt das Institut verlassen müssen?
Alle können das angefangene Therapiejahr ordentlich beenden. Für die Meisten haben wir auch schon Anschlusslösungen gefunden.
Beleidigungen erinnerten mich an die Pegida-Bewegung.
Gestern fand der Informationsabend in Guglera statt. Wie geht es Ihnen heute?
Ich wurde massiv beschimpft, ausgepfiffen und belästigt. Das Ausmass der Beleidigungen erinnerte mich an die Pegida-Bewegung. Ich lebe mit meiner Familie im Zentrum von Guglera. Viele Leute, die hinter dem Asylzentrum stehen, sind leider nicht erschienen.
Dachten Sie kurz an einen Wezug aus Guglera?
Nein, im Gegenteil. Ich bin in Guglera zu Hause. Wegen eines schlimmen Abends breche ich meine Zelte nicht ab.
Sie wollen das Asylzentrum zu einem Ausbildungsplatz gestalten. Haben Sie sich da nicht auf etwas eingelassen, von dem Sie wenig Ahnung haben?
Nein. Ich habe mich mit der Hilfsorganisation pbn.ch und in Zusammenarbeit mit dem Deza in Kirgistan eingesetzt. Wir haben dort im kriegsversehrten Land mitgeholfen, die Infrastruktur wieder aufzubauen. Wir konnten 7000 Stellen schaffen und über 250 Betriebe aufbauen.
Woher stammt eigentlich Ihre Kraft und Motivation?
Ich will den Schwächsten unserer Gesellschaft helfen, ein neues Fundament aufzubauen. Als Social Entrepreneur sage ich aber auch: «Wer nichts schafft, kriegt nichts». Das neue Asylzentrum soll helfen, dass die Flüchtlinge bei uns eine neue Perspektive erhalten und später ihrem Land beim Wiederaufbau helfen könen.