Die Rhätische Bahn (RhB) ist mit einem blauen Auge davon gekommen. Zwar wurden beim Zugunglück in Tiefencastel (GR) elf Personen verletzt, fünf davon schwer, dennoch hätte das Ereignis in einer Katastrophe enden können.
Am frühen Nachmittag fuhr der RegioExpress 1136 von St. Moritz nach Chur kurz nach Tiefencastel in einen Erdrutsch. Drei Waggons der Zugkombination wurden durch den Aufprall mit den Geröllmassen aus der Schiene katapultiert.
Riesiges Glück hatte die Bahnreisenden im ersten Wagen nach der Lokomotive. Dieser stürzte etwa 20 Meter vom Bahntrassee in die Tiefe und blieb im Steilhang der Schinschlucht an Bäumen hängen. Aus dem abgestürzten Wagen bargen Feuerwehrleute die Verletzten, die mit Hilfe von Helikoptern der Rega ins Spital transportiert wurden.
Bei den Verletzten handelt es sich laut der Kantonspolizei um zwei Japaner, einen Australier und acht Schweizer. Insgesamt befanden sich 140 Reisende im Zug. Der Verwaltungsratspräsident des Bahnunternehmens, Stefan Engler, spricht von «einem grossen Glück bei diesem Ereignis». Voraussehbar sei der Unfall nicht gewesen. Die RhB betreibe ein aufwendiges Risikomanagement, bei der Unglücksstelle sei bislang aber nichts Signifikantes aufgetreten. «Wer im Gebirge wohnt, der ist immer mit Naturgefahren konfrontiert.»
Erdrutsch nach intensiven Regenfällen
Die Rüfe, die nach einem intensiven Regen am Mittwochvormittag talwärts gerutscht war, hatte die Schienen zwischen zwei Tunnels auf einer Länge von 15 Metern verschüttet. Der Schutt türmte sich stellenweise bis zu drei Meter hoch auf.
Die Fahrgäste waren vom RhB-Personal durch den hinteren der beiden Tunnels in Sicherheit gebracht worden. Postautos fuhren die Bahnpassagiere anschliessend nach Tiefencastel. Danach wurden die Passagiere in Bussen weitertransportiert.
Viele der Reisenden standen unter Schock. «Es gab einen grossen Knall», sagte Marlies Gabaglio. «Im ersten Moment gab es kaum Informationen. Dann hiess es, wir sollten uns in den hintersten Waggon begeben. Darauf wurden wir evakuiert. Durch einen Tunnel gelangten wir zum Helikopterlandeplatz, abseits der Unfallstelle.»
Entgegen anfänglicher Befürchtungen war keiner der Wagen tief in die Schlucht hinunter gestürzt. Sanitäter betreuten Passagiere, die unter Schock standen. Drei Stunden nach dem Unfall ging die Kantonspolizei Graubünden davon aus, dass alle Passagiere geborgen waren und niemand vermisst wurde.
Wie lange die Bergungsarbeiten an der Unglücksstelle dauern, konnte am Abend niemand sagen. Die Bahnstrecke zwischen Thusis und Samedan bleibt bis auf weiteres unterbrochen.