Die schweizerischen Beziehungen zur EU und die Flüchtlingskrise geben viel zu reden. Dies beschäftigt auch den 23jährigen Studenten Jonas Kubioka aus Bern, die 45jährige Inhaberin eines Reisebüros Silvia Cornel aus Kreuzlingen und den 69jährigen pensionierten Physiker Urs Bänziger aus St. Luc (VS). Die drei Wähler aus drei Generationen äussern sich zu brennenden Fragen im Wahl-Lokal im Dreispitzpark in Kreuzlingen (TG).
- Wollen wir näher zusammenrücken mit der EU?
Silvia Cornel: «Im Moment fühle ich mich wohl, wie die Beziehungen zur EU sind. Wir haben eine gute Lösung mit den bilateralen Verträgen. Selbstverständlich haben wir noch Platz in der Schweiz, aber eine Einwanderung muss kontrolliert ablaufen.»
Urs Bänziger: «Ich will definitiv mit der EU nicht näher zusammenrücken. Die Idee der EU ist gut, aber die Ausführung nicht. Die Beispiele Griechenland und die Flüchtlingskrise zeigen dies.»
Jonas Kubioka: «Wir dürfen definitiv nicht wegrücken von der EU. Das wäre schädlich für die Wirtschaft.
- Hängen wir an Europa? Was für Chancen haben wir?
Jonas Kubioka: «Ich habe in Graz eine schöne Erfahrung machen dürfen. Wir durften ein Theaterprojekt mit Teilnehmern aus verschiedenen europäischen Ländern durchführen. Diesen kulturelle Austausch würde es vielleicht nicht mehr geben, wenn wir die Beziehungen zur EU kappen würden.»
Urs Bänziger: «Selbstverständlich ist es wichtig, das wir uns frei bewegen dürfen – ohne Ausländer geht es in der Schweiz nicht.»
Silvia Cornel: «Die Möglichkeit, in Teams mit Ausländern zusammenarbeiten zu können, ist wichtig. Wir brauchen Fachleute aus dem Ausland.»
Der Politologe Silvano Möckli von der Universität St.Gallen relativiert die Position der Schweiz: «Das Kleinere, also die Schweiz, ist abhängig vom Grösseren, also Europa. Und die lange Friedenszeit in Europa ist der grösste Verdienst der EU.»
- Wie ist das Zusammenleben in der Schweiz?
Jonas Kubioka: «Ich werde mit meiner dunklen Haut schon angeschaut – vielleicht in der Stadt Bern nicht so stark. Was mir aber auffällt: Wenn ich anfange Berndeutsch zu reden, dann sind die Leute viel freundlicher.»
Silvia Cornel: «In Kreuzlingen sind wir uns das Zusammenleben mit Deutschen gewöhnt. Es gibt aber auch amüsante Diskussionen: So gab es mal den Vorschlag, den ‹Räbeliechtli-Umzug› in Laternenumzug umzubenennen. Da haben dann die Deutschen gesagt, dass er nicht umbenannt wird.»
Urs Bänziger: «Ich habe mit Ausländern nur die besten Erfahrungen gemacht. Doch: Wenn es Leute gibt, die spezielles Essen brauchen, nicht in die Badi gehen können oder nicht in den Turnunterricht, dann glaube ich, dass etwas schief gegangen ist.»
Bezüglich Integration sagt Möckli: «Die Integrationskraft in der Schweiz ist sehr hoch. Dies kann man bei der Integration der Italiener sehen. Die ‹Italianità› hat der Schweizer Gesellschaft sehr gut getan und das nicht nur mit Pizza und Espresso. Und wir werden vielleicht die gleichen Erfahrungen mit den heutigen Flüchtlingen machen.»