Die Bedeutung der Branche. Kein Welthandel ohne Frachtschifffahrt. 90 Prozent aller Güter werden auf dem Seeweg transportiert. Rund um den Globus dürften permanent 60‘000 Handelsschiffe unterwegs sein. Die Branche setzt 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr um. Entsprechend sind die Kapazitäten in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut worden.
Trotzdem: Krise. Es sind Überkapazitäten entstanden. Gemeinsam mit einer schwachen weltweiten Nachfrage sind die Frachtraten vor allem im wichtigen Bereich «Massengüter und Container» auf ein historisches Tief gesunken. Einzig das Segment «Öltanker» vermag sich dank tiefer Rohölpreise der Abwärtsspirale bislang zu entziehen. Stark betroffen vom Preiszerfall ist die Container-Schifffahrt. So verlor die weltgrösste Reederei Maersk in fünf Jahren bis Ende 2015 fast 10 Milliarden Dollar Umsatz.
Fusionen als Rettungsanker. Die Jahre der Krise treiben kleinere Reedereien in den Konkurs und grössere Unternehmen zu Zusammenschlüssen. So kündigten Anfang dieses Monats drei grosse japanische Container-Reedereien ihr Zusammengehen an und stossen damit auf Platz sechs der weltweit grössten Unternehmen in dieser Sparte vor. Die chinesischen Reedereien Cosco und China Shipping sind schon vereinigt und die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd kaufte erst die Containersparte der chilenischen CSAV und dann die arabische UASC.
Gigantomanie. Die Reeder setzen durch den Bau immer grösserer Schiffe auf Skaleneffekte. Im März dieses Jahres nahm das riesige Containerschiff «Jade» der in Genf domizilierten Reederei MSC den Dienst auf. Der knapp 400 Meter lange Frachter hat ein Ladevermögen von über 19‘000 Containern und ist derzeit der grösste seiner Art. Nach Maersk ist MSC die Nummer Zwei im Containerschiff-Geschäft. Zwar ist MSC ein Schweizer Unternehmen, doch kein einziges der rund 500 Schiffe fährt unter Schweizer Flagge.
Billigflaggen. Durch seine Beflaggung kann ein Schiffs-Eigentümer Gesetzen seines Heimatlandes ausweichen. Und so sind die meisten Schiffe in Panama, Liberia oder den Marshall-Islands registriert, Länder mit tiefen arbeitsrechtlichen Standards und Steuervorteilen für die Reeder. Den Preis dafür zahlen vor allem die Seeleute, die auf den Frachtschiffen anheuern. Die meisten von ihnen erhalten monatlich nicht mehr als 1500 US-Dollar – für eine Arbeit, die nach der Hochseefischerei als zweitgefährlichster Beruf eingestuft wird.
Dreckschleudern. In der Frachtschifffahrt kommt der dreckigste aller Treibstoffe zum Einsatz: Schweröl. Es ist das, was bleibt, wenn aus Rohöl alle anderen Produkte wie Benzin, Diesel und Dünger hergestellt worden sind. Entsprechend ist es billig – aber giftig. Ein einziger Frachter stösst so viele Abgase aus wie 50 Millionen Autos. Allerdings: Könnten die Schiffs-Motoren Schweröl nicht verbrennen, müsste es auf andere Weise entsorgt werden.
Wachstum geht weiter. Trotz akuter Krise in der Frachtschifffahrt rechnen Experten damit, dass sich der Seehandel in den nächsten zwanzig Jahren verdreifachen wird. Die Konsolidierung in der Branche, das heisst die Konzentration auf weniger und dafür grössere Unternehmen, dürfte sich indes fortsetzen.