Die Bauern in der Schweiz haben es schwer, Nachfolger zu finden. Jeder dritte Betriebsleiter über 50 Jahre wisse nicht, wie es mit seinem Hof nach seiner Pensionierung weitergehe, wie Jacques Bourgeois, Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) an dessen Jahrespressekonferenz erklärte. Denn: Ausserhalb der Landwirtschaft lasse sich heute deutlich mehr verdienen.
Hauptgrund für die unbefriedigende wirtschaftliche Situation seien die tiefen Produzentenpreise. Während die Konsumenten im Laden seit Jahren ähnlich viel für landwirtschaftliche Produkte bezahlten, bekämen die Bauern immer weniger dafür – insbesondere bei Milch, Schweinefleisch oder Zucker. «Der starke Franken und der Einkaufstourismus machen diese Situation nicht besser», sagte SBV-Präsident Markus Ritter.
Zu viele Vorschriften, falsche Anreize
Hinzu kämen hohe Anforderungen an die Bauern: Direktzahlungen bekomme nur, wer genau geregelte Vorgaben erfülle. Zwar sei die Schweizer Landwirtschaft dadurch ein Vorbild in Sachen Ökologie und Tierschutz. Die Kehrseite der Medaille sei aber, dass die Bauern dadurch noch teurer produzierten, als es aufgrund der Topografie und des hohen Kostenumfelds ohnehin schon der Fall wäre, so SBV-Direktor Bourgeois. Deshalb plädiert der Verband für mehr unternehmerische Freiheiten.
Aus Sicht des Bauernverbands stellt die Politik aber nicht nur zu hohe Anforderungen, sondern setzt auch falsche Anreize. «Es ist unterdessen lukrativer, eine Buntbrache zu besäen, statt Brotgetreide anzubauen und zu verkaufen», sagte Bourgeois. Die Bauern sähen ihre Aufgabe jedoch in der Produktion von Lebensmitteln. Den Landwirten und Landwirtinnen fehle eine langfristige Perspektive, konstatiert der Bauernverband. Die Kundgebung Ende November in Bern gegen die Sparpläne des Bundes sei «auch ein Zeichen der grossen Verunsicherung» gewesen, was die Zukunft der Landwirtschaft und ihre Aufgaben anbelange.
Werbung für Initiative
Der Bauernverband nutzte an der Jahresmedienkonferenz die Gelegenheit, für seine Initiative für Ernährungssicherheit zu werben, die er vergangenes Jahr eingereicht hatte. Die Unterschriften dafür hatte er innert nur dreier Monate gesammelt.
Ziele der Initiative sind die Stärkung der einheimischen Lebensmittelproduktion und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Bauern.
Die Initiative sei nötig, weil die aktuelle Situation besorgniserregend sei, sagte SBV-Präsident Ritter. Mit der Initiative wolle der Bauernverband die Schwächen der aktuellen Gesetzgebung ausbügeln.
Zudem solle die weltweite und nationale Entwicklung antizipiert werden: immer mehr Menschen, die ausreichend Essen brauchen, bei gleichzeitig zunehmend knapp werdenden Ressourcen. Die ressourcenschonende Produktion von Lebensmitteln ist laut Ritter «die grosse Herausforderung der Zukunft».