Zwei Tage haben die 21 Mitglieder der Asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft Apec in Peking an der Zukunft gefeilt. Über die Hälfte der Weltwirtschaftsleistung und fast die Hälfte des Welthandels waren vertreten, darunter die grössten Wirtschaftsmächte USA, China und Japan. Fragen an den SRF-Asien-Korrespondenten Urs Morf für eine Bilanz:
Brachte das Treffen mehr als symbolträchtige Bilder und nette Worte?
Urs Morf: Gemäss Schlusserklärung will die Apec nun das von China so gewünschte Projekt einer Freihandelszone Asien-Pazifik verfolgen. Die Einigung auf eine strategische Vorstudie ist aber nur ein sehr kleiner Schritt, auch wenn Staats- und Parteichef Xi Jinping diesen als historisch bezeichnet. Er hat auch ein bisschen gemogelt, denn am gleichen Punkt war die Apec bereits 1994.
Was ist denn so schwierig an diesem Projekt?
Wie bei allen Freihandelszonen sind es die Lobby-Gruppen in allen Ländern. Etwa die Bauern, die um die Konkurrenzfähigkeit ihrer Produkte fürchten. Hauptpunkt hier ist aber wohl, dass Amerikaner und Chinesen unterschiedliche Vorstellungen haben und beide Seiten die Spielregeln diktieren möchten.
Sind die grossen Rivalen nicht auch aufeinander angewiesen?
Doch. Und zwar wirtschaftlich ebenso wie handelspolitisch. Die ganz grossen und auch die kleinere US-Firmen produzieren mittlerweile einen ganz grossen Teil ihrer Waren in China. Die neue starke Grossmacht China und die alte Grossmacht Amerika wissen ganz genau, dass sie zahllose weltpolitische Probleme gemeinsam angehen müssen.
Was hat die Apec seit der Gründung 1989 zustande gebracht?
Sehr viel, ob wohl es jetzt harzt bei den Freihandelsverhandlungen. Ohne die Apec wäre das Wachstum in diesem riesigen vernetzten Wirtschaftsraum mit seinen Volkswirtschaften gar nicht denkbar gewesen. Ebenso wenig die Einbettung der Volksrepublik China, die vor 25 Jahren noch fast vernachlässigbar war und heute die zweitgrösste Wirtschaftsmacht der Welt ist.
Wurden jetzt Türen in der Region geöffnet, wie Gastgeber Xi betonte?
Ja, ein Beispiel ist die Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens mit Südkorea während des Gipfels. Es muss zwar noch vor die Parlamente. Das dürfte aber Formsache sein. Es ist wirklich ein grosser Durchbruch. China geht aber auch sonst gross in die Offensive: Mit der Gründung von Entwicklungsbanken und Entwicklungsfonds, um die für Handel und Wirtschaft wichtigen Infrastrukturen in der Region wie auch weit entfernt zu fördern.
China gibt also den Takt an. Welche Rolle strebt es an?
China sieht sich selbst ganz klar als die vorherrschende Macht in der Region, was es geschichtlich während der Kaiserzeit war. Aus chinesischer Sicht sind die letzten 150 bis 200 Jahre eigentlich nur ein Aussetzer durch bestimmte Bedingungen, unter denen China praktisch zur Bedeutungslosigkeit absank.
Peking verfolgt das Projekt einer «maritimen Seidenstrasse». Was ist damit gemeint?
Es umschreibt das Streben nach der alten Grösse des chinesischen Reiches, das im 15. Jahrhundert mit riesigen Schiffen die grösste Seefahrtmacht der Welt war: Auf der ganzen Strecke von Chinas Südküste über Südostasien, über den indischen Subkontinent und über die arabische Halbinsel bis an die ostafrikanische Küste sollen nun Häfen und andere Einrichtungen neu gebaut oder renoviert werden.
Das Gespräch führte Simone Fatzer.