«Ich war nervös, weil ich verantwortlich war. Und Verantwortung wiegt immer schwer.» So beschreibt Pavel Kysilka den Januar 1993 im Interview mit «ECO». Der heute 56-Jährige war Direktor der Tschechoslowakischen Nationalbank, als die Tschechen und die Slowaken beschlossen, aus der Tschechoslowakischen Krone auszusteigen und eigene Währungen einzuführen.
Ein immenses Unterfangen: Allein auf tschechischer Seite waren laut Kysilka 40‘000 Personen für die Abwicklung dieses Wechsels eingesetzt. Und: «Wir mussten sehr viele Unternehmen und Institutionen einladen: kommerzielle Banken, Poststellen, die Armee, die Polizei, das Finanzministerium, die Zentralbank – 10 bis 15 Institutionen waren involviert.»
Um Bank Runs und Angriffe von Spekulanten zu verhindern, waren Schnelligkeit und der Überraschungseffekt die obersten Gebote. «Zuerst wurden die alten Kronen mit geheim vorbereiteten Stempeln entweder als slowakisch oder tschechisch markiert», erinnert sich Pavel Kysilka. «Dann kamen die neuen Geldscheine auf den Markt.»
Der Währungsausstieg glückte. Zwar schrumpfte die Wirtschaft der Slowakei und Tschechiens im Jahr der Währungsspaltung, sie legte dann aber zu.
Sofortiges Wachstum nach Exit
Dieser Exit ist einer von Dutzenden Währungsaustritten, die Länder seit 1945 vollzogen haben. Eine Studie von Oxford Economics spricht von rund 70 Staaten. Darunter sind viele asiatische und afrikanische Staaten, die in den 1950er- bis 1970er-Jahren ihre Unabhängigkeit erlangten und in der Folge eigene Währungen einführten, sowie Länder, die aus dem Ende der UdSSR hervorgingen. Die Untersuchung legt den Fokus auf das Wirtschaftswachstum dieser Staaten kurz vor dem Exit, im Jahr des Währungsaustrittes sowie in jenem danach.
Zusammenfassung der Studie
Die Ergebnisse: In einigen Ländern führte der Abschied von der Währungsunion zu einem vorübergehenden Wirtschaftseinbruch von 20 Prozent und mehr – so in Bosnien oder in Kroatien, wo Kriege bedeutend zur Verschlechterung der Wirtschaftslage beitrugen. Zwei Drittel der Länder verzeichnete aber von Beginn an ein Wirtschaftswachstum. Im Fall von Katar, Singapur und Israel gar 10 Prozent und mehr. Im Mittel wuchs die Wirtschaft im Jahr des Austritts um 2,7 Prozent, im Jahr danach um 3,2 Prozent.
«Der einzige Weg»
Nach dem Währungsausstieg in seiner Heimat verantwortete Kysilka als Berater des Internationalen Währungsfonds den Ausstieg von fünf Ex-UdSSR-Staaten aus dem Rubel. Zu einem möglichen «Grexit» sagt er: «Wenn die Griechen nicht bereit sind für sehr schmerzhafte Massnahmen, dann ist eine eigene Währung der einzige Weg, um die schwache Performance und Probleme hinter sich zu lassen.»
Es reiche allerdings nicht aus, die nationale Währung abzuwerten. «Daneben braucht es eine harte Geld- und Fiskal- und Lohnpolitik. Dann kann ich mir vorstellen, dass Griechenland wieder zu Wachstum findet und floriert.»