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Wirtschaft Hotels teilen Mitarbeiter

Sommer am See, Winter im Schnee – Tessiner und Bündner Tourismusbetriebe teilen sich neu ihre Mitarbeiter. 44 Hotel- und Gastrobetriebe haben ein «Mitarbeitersharing»-Projekt lanciert. Es soll den chronischen Personalmangel in der Saisonhotellerie entschärfen.

Was machen gegen den chronischen Personalmangel in der Saisonhotellerie? Mitarbeiter teilen, so das Konzept. Schon im kommenden Winter soll die Theorie in die Praxis umgesetzt werden.

Hinter dem Projekt steht die Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur, welche in der Anfangsphase die Sharing-Plattform koordinieren wird. Brigitte Küng, Projektleiterin HTW, sagt gegenüber «10v10»: «Es wird eine Plattform sein, bei der Hotels vereinfacht miteinander kooperieren können. Hotels werden sich über Eckpunkte der Anstellung von Mitarbeitern absprechen und so eine Ganzjahresperspektive für Saisonmitarbeitende anbieten können, dank Kooperation.» Sommer- und Winterferienorte werden sich laut Küng je nach Bedarf ihre Saisonmitarbeitenden teilen. Im Sommer sei mehr Personal im Tessin gefragt, im Winter in den Bündner Bergen.

Anbindung des Personals

Die Tourismusbetriebe reagieren mit dem Projekt auf die starke Mitarbeiterfluktuation in saisonal ausgerichteten Betrieben. Saisonale Mitarbeiter wechseln in der Regel oft die Stelle. Das verursacht bei den Hotels Kosten und Verlust an Know-how. Mit dem Sharing-Projekt wollen die Betriebe in Graubünden und Tessin nun eine stärkere Anbindung von qualifiziertem Personal erreichen. Kurt Baumgartner, Direktor und Besitzer des Hotel Belvédère in Scuol: «Gute Fachkräfte zu bekommen ist heute eine Riesenherausforderung. Wir wollen gute Leute gerade an der Front, im Service oder auch in der Küche länger an den Betrieb binden. Das wäre die Idee.»

Kosten und Stress

Doch welche Erfolgsaussichten hat das Projekt? Tourismusprofessor Christian Laesser von der Universität St.Gallen beurteilt es auf Anfrage grundsätzlich positiv. Er sieht aber auch mögliche Nachteile, wie zum Beispiel zusätzliche Kosten. Laesser: «Es könnten Administrations- und Organisationskosten entstehen. Es kann aber auch zu Stress unter Mitarbeitern führen, weil sie mit unterschiedlichen Kulturen in zwei Betrieben umgehen müssen. Vielleicht könnte auch der Wohnortwechsel jedes halbe Jahr nicht gut ankommen.»

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Heute zumindest scheint das Projekt beim Personal gut anzukommen. Eine Umfrage unter den Angestellten der 44 beteiligten Hotels hat ergeben, dass 79 Prozent bereit wären, mitzumachen. Christiane Lorenz, deutsche Serviceangestellte beim Belvédère in Scuol könnte es sich gut vorstellen, den Arbeitsort saisonal zu wechseln. Gegenüber «10v10» sagt sie:« Einen schönen Sommer am See, im Winter in Graubünden in den Bergen, wo man an den freien Tagen Skifahren kann, wer mag das nicht. Für Unterhaltung ist gesorgt, für Arbeit auch.»

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