Der designierte VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch sieht den Autobauer einem Medienbericht zufolge wegen des Abgasskandals in einer äusserst prekären Lage. Pötsch habe bei einer internen Veranstaltung in Wolfsburg von einer «existenzbedrohenden Krise für den Konzern» gesprochen, berichtete die «Welt am Sonntag». Demnach sei er aber sicher, das «kriegen wir hin» - wenn alle mitzögen.
Dem Bericht zufolge steht auch das geplante Investitionsbudget von mehr als 100 Milliarden Euro bis 2018 auf dem Prüfstand. Da sei viel Luft zum Sparen, zitierte die Zeitung einen Insider. Auch im Sommer 2014 gestartete Effizienzprogramme sollten noch mal verschärft werden.
Bericht: Erste Geständnisse
VW lehnte eine Stellungnahme ab. Volkswagen hat zugegeben, die Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen mit einer Software manipuliert zu haben. Nach Konzernangaben sind weltweit bis zu elf Millionen Fahrzeuge betroffen.
In der Affäre liegen der internen Revision des Unternehmens laut einem Pressebericht erste Geständnisse vor. Mehrere VW-Ingenieure sagten bei Befragungen, die Manipulations-Software im Jahr 2008 installiert zu haben. Das berichtet die Zeitung «Bild am Sonntag».
Abgasnormen versus Kostenvorgaben
Zu diesem Zeitpunkt habe der Dieselmotor EA 189, der bei VW seit 2005 entwickelt worden war, kurz vor der Serienproduktion gestanden. Damals sei keine Lösung gefunden worden, mit der sowohl die Abgasnormen als auch die Kostenvorgaben für den Motor eingehalten worden wären. Deshalb sei entschieden worden, die Manipulations-Software zu verwenden, gaben die VW-Ingenieure laut dem «BamS»-Bericht zu Protokoll. Anderenfalls hätte demnach das für den Konzern überaus wichtige Motorenprojekt gestoppt werden müssen.
Die manipulierten Motoren waren weltweit in Diesel-Fahrzeugen von VW eingebaut worden. In Deutschland sind 2,8 Millionen Autos betroffen.
Vorwürfe gegen beurlaubten Hackenberg
Unklar ist laut der Zeitung weiterhin, wer die Anweisung zur Installation der Manipulations-Software gab. In den Befragungen durch die VW-Konzernrevision hätten mehrere Ingenieure Vorwürfe gegen den damaligen Entwicklungschef Ulrich Hackenberg erhoben. Dieser habe vom Betrug gewusst und ihn angeblich sogar in Auftrag gegeben. Zu seiner Rolle lägen allerdings widersprüchliche Aussagen vor.
Audi-Vorstand Hackenberg, der jahrelang bei VW als Entwicklungschef tätig war, war vor einer Woche beurlaubt worden. Laut der Zeitung wollte er sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen äussern.
Wie die Zeitung weiter berichtet, verwendete Volkswagen für die Manipulationen auch eine Software des Zulieferers Continental. Während bei den in Nordamerika eingesetzten 2,0-Liter-Dieselmotoren Bosch-Technologie eingesetzt wurde, habe VW bei der kleineren 1,6-Liter-Variante auf Motorsteuerungen, Einspritzpumpen und Einspritzdüsen von Continental zurückgegriffen.
Continental: VW handelte eigenständig
Continental-Sprecher Felix Gress sagte, sein Unternehmen habe keine Hinweise auf einen Missbrauch seiner Technik gehabt: «Die von uns gelieferte Software konnte keine Abgaswerte manipulieren.» Das umstrittene Programm für die Zulassungstests habe VW eigenständig hinzugefügt.
Gemeinsam mit den Zulieferern bereitet Volkswagen derzeit eine Rückrufaktion vor, um die verbotene Technik aus den Diesel-Fahrzeugen zu entfernen. Während bei der Bosch-Software offenbar ein Computer-Update in der Werkstatt genügt, wird es beim Continental-System laut «BamS» teurer und aufwändiger, da auch beim Motor Veränderungen erforderlich seien. So sollen unter anderem Einspritzdüsen ausgetauscht werden.