Nach dem Willen der EU soll die Schweiz das Personenfreizügigkeits-Abkommen, das es mit den Mitgliedsländern unterhält, auch auf Kroatien ausdehnen. Der Bundesrat hat ein entsprechendes Verhandlungsmandat im Dezember letzten Jahres verabschiedet. Es könnte am Treffen zwischen dem Schweizer Staatssekretär Yves Rossier und EU-Exekutivdirektor David O’Sullivan am Dienstag zum Thema werden.
Kampf gegen Korruption und Bürokratie
Seit 4 Jahren befindet sich Kroatien in der Rezession. Den Rückgang der Wirtschaft aufzuhalten gehört deshalb zu den Prioritäten der kroatischen Regierung, die seit etwas mehr als einem Jahr im Amt ist. Sie will neue Arbeitsplätze schaffen – durch ein Hilfsprogramm und indem sie das Investitionsklima verbessert.
Ausländische Unternehmen sollen zunehmend eine Rolle in Kroatien spielen. Ziele sind, die bürokratischen Hürden abzubauen, die Korruption einzudämmen und Staatsbetriebe zu privatisieren.
Zentrale Einnahmequelle des Landes ist der Sommer-Tourismus. Er macht bis zu 20 Prozent des BIP aus. Weitere Gelder resultieren etwa aus dem Schiffbau – trotz schwieriger Auftragslage – und der Holzverarbeitungs-Industrie. Kroatien leidet allerdings unter einer stark importorientierten Wirtschaft. Es weist deshalb ein Handelsdefizit aus.
Chancen für Schweizer Firmen
Umso willkommener sind die EU-Fördergelder, von denen erste bereits während der Beitrittsverhandlungen gesprochen wurden. Mit ihnen wurde beispielsweise die Infrastruktur verbessert, vor allem das Autobahnnetz. Das Schienennetz dagegen hat hohen Modernisierungs-Bedarf, genauso wie der Energie-Sektor.
Hier könnten sich Chancen für Schweizer Firmen auftun, ist Ivica Jakic, Präsident der schweizerisch-kroatischen Geschäftsvereinigung, überzeugt. Es gebe aber auch Potenzial für kroatische Arbeitskräfte in der Schweiz. «Kroatische Bauarbeiter sind sehr gut ausgebildet», nennt Jakic ein Beispiel.
Zwei Drittel der Stimmenden in Kroatien sprachen sich für den EU-Beitritt aus – allerdings lag die Stimmbeteiligung bei weniger als 50 Prozent. Es gibt aber auch kritische Stimmen im Mittelmeer-Land: Diese warnen vor der Einwanderung günstigerer Arbeitskräfte aus Rumänien oder Bulgarien.
Dazu verunsichert der Wegfall der Zollfreizone mit den sogenannten CEFTA-Nationen. Dies sind wichtige Exportländer aus dem osteuropäischen Raum, die (noch) nicht zur EU gehören, zum Beispiel Bosnien und Serbien. «Für gewisse Industriezweige wird das ein ernster Nachteil sein», sagt die Direktorin des Institute of Economics in Zagreb, Sandra Švaljek. Es sind dazu aber Gespräche zwischen CEFTA und EU im Gange.
Der EU-Beitritt wird Kroatien nicht nur Chancen bieten. Er wird das Land auch vor weitere grosse Herausforderungen stellen.