Während Jahren lebte die Schweiz gut davon, dass sie ausländische Firmen mit günstigen Steuersätzen ins Land lockte. Der Trick: Die Kantone besteuerten im Ausland anfallende Gewinne tiefer als solche, die in der Schweiz erwirtschaftet wurden. Das war besonders attraktiv für Konzerne, die grosse Gewinne ausserhalb der Schweiz erzielen.
Die Folge: Dutzende von Milliarden-Konzernen verlegten wahlweise ihren Hauptsitz, die Europa-Zentrale oder globale Einkaufs-Gesellschaften in die Schweiz. Vielfach profitierten davon die Kantone Zug, Zürich, Schaffhausen oder die Waadt. Ebenfalls attraktiv war die Steuerregelung für Rohstoffhändler. Letztere zog es vor allem in den Kanton Genf.
Die Ungleichbehandlung von ausländischen und inländischen Erträgen will die EU inzwischen nicht mehr tolerieren. Sie setzte der Schweiz ein Ultimatum bis Mitte 2013. Dann muss eine Lösung auf dem Tisch sein.
Genf will 13 Prozent Steuern für alle Unternehmen
Genf preschte vor: Der Kanton will die Unternehmenssteuern für alle Firmen auf ein Niveau senken, auf dem heute nur ausländische Erträge besteuert werden: 13 Prozent. Es ist eine Lösung, die die Steuereinnahmen vieler Kantone empfindlich schmälern würde. Nicht nur das: Forschungsintensive Firmen wie etwa Novartis würden unter Umständen sogar bestraft, weil sie derzeit – dank geschickten Steuerdeals – sogar noch weniger zahlen als die von Genf anvisierten 13 Prozent.
Es ist deshalb kaum verwunderlich, dass sich der Kanton Basel-Stadt, der Standort-Kanton von Novartis, für ein anderes Modell einsetzt. Eine allgemeine Gewinnsteuer-Senkung sei nur auf den ersten Blick eine einfache Lösung, sagt die Basler Finanzdirektorin Eva Herzog. Für Basel-Stadt hiesse das aber einen Verlust von Milliarden von Steuereinnahmen. «Das ist kein Lösungsansatz für die Schweiz», bekräftigt Eva Herzog gegenüber «ECO». Sie schlägt vor, dass Firmen stattdessen für Einnahmen aus Lizenzabgaben deutlich tiefer besteuert werden. Ein Modell, das die EU toleriert.
Allein: Für Genf ist das keine Lösung. Denn Handelsfirmen, wie sie in Genf typischerweise anzutreffen sind, leben nicht von Einnahmen aus Lizenzgebühren. Ihre Steuerbelastung würde deshalb tendenziell steigen.
Sollte sich in der Ausmarchung unter den Kantonen das Genfer Modell durchsetzen, hätte dies Konsequenzen für Basel: «Wenn Basel das Privileg fallen lässt und keine Alternative anbietet, dann können wir nicht hier bleiben. Das weiss die Steuerverwaltung Basel», sagt Barbara Kessler, Leiterin Steuern bei Novartis: «Wir könnten es unseren Aktionären nicht zumuten, Hunderte von Millionen mehr Steuern zu bezahlen, wenn wir ganz einfache Alternativen haben, allein schon innerhalb der Schweiz.»