Statistisch sind Schweizer Bankschliessfächer nirgends erfasst – weder bei der Schweizerischen Bankiervereinigung, noch bei der Schweizerischen Nationalbank. Darum hat das Wirtschaftsmagazin «ECO» bei den nach der Bilanzsumme 40 grössten Schweizer Banken sowie allen Kantonalbanken eine Umfrage gemacht. Das Ergebnis überrascht und gibt einen Eindruck der aktuellen Lage, auch wenn nur rund ein Drittel aller Banken geantwortet haben.
Bei keiner Bank alle belegt
Bei keiner Bank sind die Schliessfächer nur annähernd voll ausgelastet. Am stärksten belegt sind jene der Schaffhauser Kantonalbank mit rund 70 Prozent. Sonst beträgt die Auslastung bei allen Banken maximal zwei Drittel und sinkt auf 43 Prozent bei der St. Galler Kantonalbank und ca. 35 Prozent bei der Neuen Aargauer Bank. Die UBS, die grösste Bank der Schweiz, gibt eine Auslastung von 50 bis 60 Prozent an.
Die durchschnittliche Auslastung über alle antwortenden Banken liegt bei rund 53 Prozent. Auch wenn die nicht antwortenden Grossbanken wie Credit Suisse oder Zürcher Kantonalbank eine deutlich höhere Auslastung haben sollten, dürfte am Ende die Auslastung für alle Bankschliessfächer der Schweiz immer noch klar unter zwei Drittel liegen. Andersherum gesagt: Mindestens jedes dritte Fach ist leer.
Leerbestand nimmt eher zu
Und dieser Leerbestand wird in Zukunft eher grösser. Denn fünf Banken geben an, dass die Nachfrage in den letzten Jahren abgenommen hat. Bei zehn Banken ist die Nachfrage stabil gewesen. Drei Banken sprechen von einer Zunahme, zwei davon allerdings nur von einer leichten.
Keine Bank will zudem das Geschäft mit den Schliessfächern künftig ausbauen. Im Gegenteil: Drei Banken fahren den Bereich bewusst herunter, darunter etwa die Aargauische Kantonalbank. Diese hat sogar in den letzten drei neu gebauten Filialen keine Bankschliessfächer mehr installiert. Denn die Kosten für den Bau, den Unterhalt und die Betreuung seien höher als die Einnahmen, schreibt die Bank.
Unrentables Geschäft
Gut verdienen tut denn auch keine Bank mit ihren Schliessfächern. Wenn überhaupt, sind diese knapp kostendeckend. Einzig die Waadtländer Kantonalbank spricht von einer «tiefen Rentabilität». Mehrere Banken stellen allerdings gar keine Berechnung zur Rentabilität an. Vielmehr gehören die Bankschliessfächer zum Grundangebot, das man den Kunden bieten muss – ob rentabel oder nicht, so der Tenor.
Bleibt die Frage nach der Anzahl Bankschliessfächer. Vor allem grosse und ausländische Banken geben darüber keine Auskunft. Von den 15 antwortenden Banken besitzt die Valiant-Gruppe mit rund 30'000 Fächern am meisten (siehe Tabelle unten). Am wenigsten Schliessfächer haben die kleinen Kantonalbanken aus Obwalden und Glarus (beide rund 2300).
Insgesamt besitzen die 15 antwortenden Banken 162'000 Schliessfächer oder rund 500 pro Filiale. Für die UBS mit ihren rund 300 Filialen ergäbe das rund 150'000 Safes, was auch einer früheren Schätzung entspricht. Hochgerechnet dürfte es in der Schweiz zwischen 500'000 und 750'000 Bankschliessfächer geben.
Safe-Inhalte streng geheim
Was sich in den Safes befindet, wissen nicht einmal die Banken selbst. Denn die Kunden geniessen hier ein absolutes Geheimnis. Daran ändern auch das Fatca-Abkommen mit den USA oder das geplante Übereinkommen mit der OECD über den automatischen Informationsaustausch (AIA) nichts.
Die Bankschliessfächer seien in diesen Verträgen oder in aktuellen Verhandlungen kein Thema, wie Mario Tuor, Sprecher des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF), gegenüber «ECO» erklärt: «Beim automatischen Austausch von Informationen geht es immer um Kontoinformationen und nicht um Schliessfächer, weil die Banken gar nicht wissen, was sich in diesen befindet. Das ist das gleiche, wie wenn die Leute ihre Sachen statt im Schliessfach zu Hause hätten etwa unter der Matratze.»
Wer in einem Bankschliessfach zum Beispiel Teile seines unversteuerten Vermögens verstecken will, kann das darum problemlos machen, ohne aufzufliegen. Safes gibt es bereits ab 25 Franken Miete pro Jahr und sind in allen Grössen erhältlich, darunter auch begehbare.
SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen will nun allerdings mehr wissen: «Jetzt ist es höchste Zeit, reinen Tisch zu machen. Darum müssen die Werte, die noch in den Banktresoren lagern, vollumfänglich deklariert werden.» Einen entsprechenden Vorstoss plant die Parlamentarierin noch in der laufenden Frühlingssession, wie sie gegenüber «ECO» erklärt.