Eterna, das sind über 160 Jahre Fertigkeiten in der Uhrmacherei. 2011 hat der chinesische Schmuck- und Uhren-Investor Haidian, heute Citychamp, das Grenchener Unternehmen gekauft. Seitdem beobachten die neuen Besitzer genau, was es mit der lukrativen Uhrenindustrie auf sich hat. «Die Chinesen haben in den letzten 20 Jahren gesehen, wie in der Schweiz aus 100 verstreuten Familienunternehmen eine globale Industrie geworden ist», sagt Eterna-CEO Robert Dreyfuss.
Er entstammt der schweizerisch-britischen Uhrendynastie Dreyfuss Group. Auch seine Familie hat ihre Marke Rotary an Citychamp verkauft. Mit der dritten Akquisition, Corum, besitzt Citychamp nun drei europäische Uhrenmarken – zusätzlich zu seinen eigenen beiden: Ebohr und Rossini.
Syngenta vor chinesischer Übernahme?
China kauft in zahlreichen anderen Branchen zu. In den vergangenen Wochen machte international die Übernahme des US-Filmproduktionsstudios Legendary durch den chinesischen Wanda-Konzern Schlagzeilen. Zudem übernahm der Staatskonzern Chem China den deutschen Maschinenhersteller Krauss-Maffei – und damit auch die Firma Netstal in Näfels GL, die zum Konzern gehört. Weiter sicherte sich derselbe Konzern in der vergangenen Woche 12 Prozent am Genfer Rohstoff-Unternehmen Mercuria.
Und der Koloss mit seinen 140'000 Mitarbeitern wird als Interessent am Basler Agrochemie-Konzern Syngenta gehandelt. Käme diese Übernahme zustande, würde China, so schreibt «The Economist», mit rund 45 Milliarden Franken den grössten Auslandsdeal seiner Geschichte abschliessen. Die Schweiz steht ohnehin schon seit Jahren auf der Einkaufsliste Chinas (s. Tabelle).
Lernen anstatt umstrukturieren
Für die übernommenen Firmen scheinen die chinesischen Investoren bis dato ein Glücksfall zu sein. Anders als etwa US-amerikanische Eigentümer nehmen Chinesen in der Regel keine Restrukturierungen vor. «Für die Belegschaft kann ein chinesischer Investor durchaus eine gute und stabilisierende Lösung sein», meint Joachim Rudolf. Der Ökonom war bis vor einem Jahr Finanzchef des chinesischen Industrie-Unternehmens Cathay Industrial Biotech. Befragungen bei übernommenen Unternehmen hätten ergeben, dass die Mitarbeiter in der Regel weder Kostensparprogramme noch Entlassungen ertragen müssten.
Die asiatischen Investoren haben eine andere Absicht als Synergien zu lokalisieren: Sie wollen lernen. Technologien und Fertigkeiten, über die China noch nicht verfügt, sind attraktiv für die riesige Volkswirtschaft. Auf lange Sicht sei laut Berater Joachim Rudolf das Ziel aller Akquisitionen, das erlangte Wissen in China anzuwenden.
Mit Unterstützung der Regierung
Joachim Rudolf verfolgt die Aktivitäten, in denen er eine eindeutige Regierungssteuerung erkennt: «Der Premierminister hat sich kürzlich mit dem Satz zitieren lassen, dass viel und hart zu arbeiten nicht mehr ausreicht», sagt er im Interview mit «ECO», «sondern, dass man sich auch wissenschaftlich und technologisch abstützen muss, um das Land dorthin zu bringen, wo die Regierung will, dass es hingeht: nämlich zu einem immer vermögenderem Land mit einer starken Wirtschaft.»
Angesichts der Tatsache, dass Firmenakquisitionen ohnehin nur mit Bewilligung der Regierung möglich seien, steht für Joachim Rudolf die aktive Unterstützung durch Peking ausser Frage.
Kürzlich hat die chinesische Regierung das Konzept «Made in China 2025» ausgerufen. Das langfristige Ziel: China will den Sprung zum hochwertigen Industrie-Standort schaffen und weltweit führend werden. Das ist eine Kampfansage.