Silicon Valley, Berlin, Tel Aviv – manch einer würde dieser Aufzählung gerne baldmöglichst Zürich hinzufügen. In der grössten Schweizer Stadt gibt es überall Bestrebungen, sie zum Start-up-Paradies machen zu wollen.
Da ist «Digital Zurich 2025»: eine Reihe von Initiativen, die Digital-Start-ups fördern wollen. Da gibt es Events und Förderprogramme, die Zürich in Richtung Fintech-Mekka pushen wollen. Und natürlich sitzt hier die ETH, die ein Start-up nach dem anderen ausspuckt. Und, ja, die meisten Start-ups (32 Prozent) entstehen in Zürich.
Aber die Schweiz hat längst einen Ort, der Spitze ist in seinem Bereich: Basel, das Mekka der Life Sciences. Neben den grossen Konzernen wie Novartis und Roche spriessen und gedeihen neue Unternehmen. Und manchmal wachsen sie zu erheblicher Grösse heran – wie etwa Basilea (250 Mitarbeiter) oder Actelion (2500 Mitarbeiter). Im Basler Technopark sind derzeit 15 Start-ups beheimatet, die meisten von ihnen tüfteln an neuen Lösungen im Pharma- oder Biotech-Bereich.
Aurealis etwa ist extra aus Finnland nach Basel gekommen. «Basel hat alles, was wir für die Weiterentwicklung unserer Firma brauchen», sagt Aurealis-Schweiz-Chef Dirk Weber. «Das Knowhow, Experten, Wissenschaftler, klinische Experten und nicht zuletzt ein starkes Investorennetzwerk. Das ist der Grund, warum wir dorthin wollten, wo die Musik spielt: nach Basel.»
Viel mehr Geld im Life-Sciences-Bereich
Dass Life Sciences gegenüber Fintech weit voraus sind, zeigen auch die Investitionen. 2015 wurden total 676 Million Franken in Schweizer Start-ups investiert. Davon flossen alleine 484 Millionen Franken in Life-Sciences-Startups, und «nur» 21 Millionen Franken in den Fintech-Bereich.
Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass Life-Sciences-Forschung deutlich kapitalintensiver ist. Der Rest, 171 Millionen Franken, wurde in andere Branchen, darunter ICT, investiert.
Der Grund, aus dem Life Sciences die Nase vorn haben, sieht Professor Dietmar Grichnik von der Universität St.Gallen in der Tradition: «Im Bereich Life Sciences hatte die Schweiz bei der Innovation schon immer eine Weltmarkt-Führerschaft. Im Fintech-Bereich ist das sicherlich nicht so. Da gibt es andere Plätze, die konkurrenzfähiger sind, wie zum Beispiel London.»
Aus Sicht der Zürcher Start-ups macht auch die neue Steuer-Praxis des Kantons die Situation noch schlimmer. Bis vor vier Jahren bezahlten die Start-ups Steuern auf ihren Gewinn. Dann änderte Zürich seine Praxis: Neu zählt das Geld, das die Firmengründer als Investitionen erhalten, als Vermögen der Firmengründer – obwohl dieses Geld meist in Forschung und Entwicklung fliesst.
Mit dem Resultat, dass die Firmengründer trotz kleinem Gehalt hohe Steuerrechnungen bezahlen müssen (Mögliche Konsequenzen s. unten). Eine solche Besteuerung ist zurzeit in Basel nicht geplant.
«Gegeneinander im Fintech-Bereich»
Von Zürich kann Basel laut Grichnik noch etwas anderes lernen: «In Basel funktioniert die Kooperation zwischen den grossen Firmen und Start-ups. Im Fintech-/Banken-Bereich ist es eher ein Gegeneinander», sagt er.
Life Sciences oder Fintech – die beiden Start-up-Szenen sollten sich aber nicht gegenseitig ausspielen, sagt Grichnik: «Die Schweiz muss sich gesamthaft als eine Start-up-Nation verstehen. Letzlich reicht ein Start-up mit der Strahlungskraft eines Google, Facebook oder Actelion, um andere Start-ups und Investoren anzuziehen .»