Noch steht er nicht auf einer Baustelle, sondern im Labor, der neue Bau-Roboter der ETH Zürich: Auf der Raupe eines kleinen Baggers ist ein Arm mit Gelenken montiert. Vorne sitzt anstelle einer Schaufel ein Saugnapf. Dieser hebt einen Ziegelstein nach dem andern vom Förderband und setzt in präzise in die Mauer ein. Jeder Stein kommt leicht versetzt und abgedreht auf die unteren zu liegen. Langsam wächst die komplex strukturierte gewellte Mauer.
Wie ein 3-D-Drucker im Kleinen soll der Bau-Roboter im Grossen dereinst Mauern oder Dächer in allen denkbaren Formen bauen können. «Neue Baumethoden und Bauweisen entstehen und vielleicht entwickelt sich sogar eine neue Baukultur», betont Matthias Kohler, Professor für Architektur und Digitale Fabrikation an der ETH Zürich.
Nach seinen Worten geht es aber auch darum, einen Mehrwert in die Bauteile einzuweben. So könne etwa ressourcenschonender gebaut werden, wenn etwa Wände dort ausgedünnt würden, wo sie statisch nicht beansprucht werden.
«Entwicklungsschub» für den Bau
Stolz schaut auch ETH-Präsident Lino Guzella auf den «In situ Fabricator», den die Robotik-Ingenieure zusammen mit Werkstoffspezialisten und Architekten entwickelt haben.
Das ist ein grosses Potenzial, um viel effizienter, viel billiger und auch viel besser zu bauen.
Guzella geht davon aus, dass Roboter auf dem Bau für einen Entwicklungsschub sorgen werden. In der Baubranche sei die Wirtschaftlichkeit in den letzten 20 Jahren extrem tief gewesen. Noch immer werde im Wesentlichen wie im letzten Jahrhundert gebaut.
Schneider-Amman beeindruckt
Neue Wachstumsmöglichkeiten dank digitaler Technologie auch im Bau – das beeindruckte auch Volkswirtschaftsminister Johann Schneider Ammann, ehemals Chef einer Baumaschinenfirma: «Davon haben wir in meiner ehemaligen Branche seit Jahrzehnten immer wieder gesprochen. Jetzt scheint der Moment da zu sein, wo der Durchbruch gelingt.»
Die jungen Menschen werden mitgezogen und müssen sich den neuen Herausforderungen stellen. Das ist eine Chance und nicht ein Risiko.
Dass ein Roboter einem Maurer künftig den Job wegnimmt, glaubt der Arbeitsminister nicht. Es sei eine logische Konsequenz, einfachere Arbeiten mit der Zeit zu automatisieren. Damit würden einzelne Tätigkeiten abgelöst und umgewandelt.
Langsam, aber präzis
Selbständig zwar, aber viel langsamer als ein professioneller Maurer setzt der Bau-Roboter die Steine ein. Architekturprofessor Kohler relativiert denn auch die Erwartungen: Der Roboter sei gut etwa bei hochpräzisen Arbeiten. Der Mensch wiederum sei bei der Improvisation überlegen, etwa wenn es darum gehe, etwas schnell einzufügen oder anzupassen.
Es geht tatsächlich um Komplementarität und das Nutzen der gemeinsamen Vorteile.
Die Aufgaben sind also noch nicht genau verteilt zwischen Mensch und Roboter auf der Baustelle. Ein Stück konkreter wird es, wenn der Roboter erstmals auf einer echten Baustelle Steine setzt. Dies wird allerdings erst in zwei bis drei Jahren der Fall sein.