Am Anfang steht der Rollentausch des Wirtschaftsmagazins «ECO». Reto Lipp gibt während des Swiss Economic Forums sein Mikrofon aus der Hand gegeben und lässt Unternehmer an seiner Stelle Interviews führen.
Paarung 1: Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler und UBS-Schweiz-Chef Lukas Gähwiler. Reto Lipp zeigt sich überrascht, wie gut sein «Vertreter» vorbereitet war. «Er hat sich sehr gut ausgekannt bei den aktuellen Ereignissen», sagt er über Peter Spuhler. Seine Ankündigung, er wolle Lukas Gähwiler «grillieren», hätte er allerdings nur halb eingelöst.
Paarung 2: Gabriela Manser von der Mineralquelle Gontenbad und Zweifel-Chef Matthias Adank. Die Unternehmerin hat Reto Lipp als «nervös» und «zu nett» erlebt: «Wenn ich so nett wäre, würde es heissen: Der ist zu unkritisch.» Sie selbst habe gemerkt, dass es nicht so einfach sei, ein Interview zu führen. Reto Lipp versucht in seiner täglichen Arbeit stets die Balance zu finden zwischen kritischen Fragen und respektvollem Umgang – kein leichtes Unterfangen.
Medien als permanente «Challenge»
Zwei weitere Führungskräfte reflektieren am Swiss Economic Forum ihr Verhältnis zu den Medien. Swisscom-CEO Urs Schäppi spricht einen Zwiespalt an: «Auf der einen Seite beeinflussen sie die Wahrnehmung unserer Kunden. Medien sind ein Kanal, über den wir die Möglichkeit haben, die Inhalte unseres Unternehmens zu kommunizieren. Auf der anderen Seite sind sie auch eine permanente Challenge für uns.»
Petra Jenner, die Microsoft Schweiz leitet, sagt von sich, dass sie den Kontakt zu Journalisten nicht aktiv suche. «Wenn Themen da sind, die interessant sind, und ich der Überzeugung bin, dass ich etwas beitragen kann, dann kommen die Journalisten in der Regel auf mich zu. Und das ist auch besser so.»
Im Kontakt mit Medien versucht sie sich zwei Regeln aufzuerlegen: «Wenn Sie recht offen und relativ ehrlich im Umgang mit Journalisten sind, habe ich die Erfahrung gemacht, dass man dafür eher belohnt wird». Denn: Journalisten seien empfindlich, wenn man zu offensichtlich Marketing-Sprache anwende und die Dinge nicht nüchtern so sage, wie sie seien: «Dann sind Journalisten gelangweilt», stellt Petra Jenner fest. «Und dann werden sie auch in den Fragen immer bissiger.»
«Nichts Schlechtes über die Konkurrenz»
Für Urs Schäppi gibt es klare Grenzen, bis wohin Medien Informationen von ihm erhalten. «Ich habe einen Grundsatz: Ich sage keine schlechten Sachen über unsere Konkurrenz», so der Swisscom-Chef. Zudem seien Firmen-Interna sowie allzu private Details, die etwa die Familie beträfen, tabu.
Auch wenn sie selbst selten auf Journalisten zugeht, ist Petra Jenner der Meinung: Im Umgang mit Medien könnte die Wirtschaft von der Politik dazulernen. Es gehöre heute dazu, sich auch intensiv und aktiv mit der Öffentlichkeit auseinanderzusetzen, denn eines sei nicht wegzudiskutieren: «Die Medien geben die Stimmung in der Bevölkerung sehr vor und können sie definieren.»