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Wirtschaft Tiefer Ölpreis – die Gewinner und die Verlierer

Des einen Freud, des anderen Leid: In der Schweiz dürfen sich die Konsumenten über tiefere Heizöl-Preise freuen. In Venezuela hingegen sorgt der sinkende Ölpreis für Schlangen und leere Regale in den Supermärkten.

Der Ölpreis sinkt und sinkt. Im Sommer vor einem Jahr kostete ein Fass Rohöl noch 100 Dollar – heute zahlt man dafür gerade einmal 46 Dollar. Für diesen Einbruch gibt es mehrere Gründe. So steigert Saudi-Arabien, der grösste Ölförderer, seine Produktion. Und dies, obwohl die Preise fallen.

Damit handelt das Land scheinbar gegen seine eigenen Interessen. Doch das Ziel der Saudis ist es, dem Fracking-Boom in den USA ein Ende zu setzen. Denn die Fracking-Firmen sind mit ihrer Schiefergasproduktion zu einer ernsthaften Konkurrenz für die Saudis geworden.

Öl aus dem Kriegsgebiet

Dennoch hat Saudi-Arabien sein Ziel nicht ganz erreicht. Zwar ist die Schiefergasproduktion in den USA nicht gewachsen. Gesunken ist sie aber auch nicht. Die Stagnation, kombiniert mit der Überproduktion in den Opec-Ländern, ist deshalb mitverantwortlich für den sinkenden Wert von Rohöl. Dazu kommt, dass selbst das kriegsgeschüttelte Irak Rekordmengen an Öl fördert.

Eine Ölbohrplattform im Meer
Legende: Trotz Bürgerkrieg: Auch Libyen exportiert Öl. Reuters

Ein dritter Grund für den Abwärtstrend ist schliesslich die sinkende Nachfrage nach Rohöl in China. Das Reich der Mitte versucht wegzukommen von der rohstoffhungrigen Schwerindustrie und stattdessen den Dienstleistungssektor auszubauen. Daneben nimmt die Nachfrage auch in Europa ab, weil dort andere Energiequellen wichtiger werden.

Wer aber kann sich über den tiefen Ölpreis freuen – und wem schadet er? Susanne Toren, Rohstoff-Expertin bei der ZKB, gibt Auskunft.

Auf der Gewinnerseite sind:

  • Die Konsumenten. «Sowohl beim Benzin wie auch beim Heizöl fallen die Preise», sagt Susanne Toren. Sie rät allerdings davon ab, jetzt schon Heizöl für den Winter zu kaufen: «Ich gehe davon aus, dass die Preise weiter sinken werden.»
  • Airlines, Fernbus-Firmen und weitere Transportunternehmen: «Der tiefe Ölpreis erlaubt es ihnen, die Kosten zu senken.»
  • Chemie-Firmen wie die Sika oder EMS Chemie. «Viele ihrer Produkte – beispielsweise Kunststoffe oder Lackierungen – werden aus Erdöl hergestellt.»
  • Minengesellschaften wie Rio Tinto: «Der Abbau von Rohstoffen wie Aluminium verbraucht enorm viel Energie. Die Energiekosten machen einen grossen Teil der Gesamtkosten aus.»
  • Bauern. «Sie können Dünger, dessen Produktion sehr energielastig ist, billiger beziehen.»
  • Restaurants, Kleiderläden, Autoverkäufer etc. «Vom sinkenden Ölpreis profitiert die Konjunktur ganz allgemein», sagt Toren. «Die Konsumenten haben mehr Geld zur Verfügung, das sie ausgeben können.» Allerdings geschehe dies nur, wenn die Menschen davon ausgingen, dass die Preise auch längerfristig tief bleiben. «Das ist in Europa aktuell der Fall, wie die Ausgaben der Haushalte zeigen.»
  • Alle Länder, die Energie importieren – beispielsweise Japan. «Das Land gehört zu den grössten Energieimporteuren und profitiert enorm vom tieferen Ölpreis.»

Zu den Verlierern gehören:

  • Länder, die Erdöl exportieren. Während Saudi-Arabien mit einem tiefen Ölpreis zumindest kurzfristig leben kann, sind die Folgen etwa für Venezuela weit drastischer. Das Land ist auf Erdölexporte angewiesen, um an Devisen heranzukommen und so Importe zu finanzieren. Wegen dem tiefen Ölpreis kann das Land kaum mehr Güter importieren. Die Folge: Schlangen vor den Läden, leere Regale im Inneren. Auch der Erdölexporteur Russland hat mit einer Wirtschaftskrise zu kämpfen.
  • Fracking-Firmen in den USA. «Viele von ihnen brauchen einen höheren Ölpreis, um rentabel produzieren zu können», sagt ZKB-Analystin Toren.
  • Ölproduzenten wie Shell oder Chevron. Nicht zufällig streicht Shell dieses Jahr 6500 Jobs, um die Kosten zu senken.
  • Produzenten von Kohle oder alternativer Energie. «Weil der Ölpreis sinkt, werden andere Energieformen weniger attraktiv.»
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