Der Angriff der Taliban auf die Stadt Kunduz im Norden Afghanistans schreckte den Westen auf. In Afghanistan ist die Gewalt aber nach wie vor Alltag. Auch die wirtschaftliche Situation ist katastrophal. «Viele Menschen leben nicht mehr, sie überleben nur noch», sagt Karin Wenger, die Afghanistan vor einigen Monaten bereist hat und regelmässig mit Afghanen im Kontakt steht. Sie habe mit einer afghanischen Familie gesprochen, die seit 25 Jahren auf der Flucht sei und immer noch in absoluter Armut lebe. Kürzlich habe der Familienvater eine seiner Töchter an einen älteren Mann verkauft - damit die Familie wenigstens irgendwie über die Runde komme.
Für die scheckliche Zustände, so Karin Wenger, trage auch der Westen eine Mitverantwortung. «Man ist in dieses Land einmarschiert und hat geglaubt, dass man mit Soldaten und Milliarden eine blühende Wirtschaft und eine Demokratie formen kann.» Doch die Realität sei schwieriger gewesen. «Man hat sehr viel Geld investiert, aber nicht kontrolliert wo es hinfliesst.» Die Korruption sei so gross, dass es fast unmöglich sei, ein funktionierendes Geschäft aufzubauen.
Karin Wenger: «Extrem viele Afghanen sind enttäuscht - sowohl von ihrer eigenen Regierung wie auch von den USA. Dieses Gefühl treibt die Menschen in die Arme der Taliban oder gleich ins Ausland.»
Einen Lichtblick sieht Wenger aber: das Bildungssystem sei ein eigentlicher Leuchtturm in Afghanistan. «Es gibt einen reisigen Bildungshunger in dem Land.»
«Viele Menschen leben nicht mehr, sie überleben nur noch»
Afghanistan war aus den Schlagzeilen verschwunden, bis die Taliban die Stadt Kunduz stürmten, und US-Truppen beim Gegenschlag ein Spital zerstörten. Unsere Südasien-Korrespondentin kennt Afghanistan und ist Gast von Susanne Brunner.
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