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Regenbogenpresse: «Viele Frauen wollen einfach betrogen werden»

Kürzlich titelte «Das goldene Blatt» auf der Frontseite in grossen Lettern: «Charles und Camilla: Ehe-Aus vorm 10. Hochzeitstag!». Charles und Camilla werden sich trennen, kann man lesen. Im Artikel wird aber rasch klar - alles nur halb so schlimm. Beide sind noch zusammen. «Das goldene Blatt» hat das Paar in den vergangenen 10 Jahren bereits über 20 Mal auf der Titelseite getrennt.

Lügengeschichten sind beliebt

Trotzdem, die Regenbogenpresse ist ein lukratives Geschäft. Eine halbe Milliarde solcher Hefte werden pro Jahr gedruckt. Rund 80 solche Titel existieren derzeit auf dem deutschen Markt. Viele davon werden in ganz Europa verkauft - auch in der Schweiz.

Der Röntgenblick zweier Studenten

Ein Phänomen, dem zwei Berliner Studenten auf den Grund gehen wollten. Mats Schönauer und Moritz Tschermak. Sie kauften die Hefte am Kiosk und mussten staunen: «Es ist unglaublich, was alles in diesen Heften steht. Da werden Geschichten einfach aus dem Nichts heraus zusammengedichtet. Und das schon seit Jahrzehnten!».

Aus einer Laus macht die Regenbogenpresse Elefanten

Beispiel gefällig? Die Zeitschrift «Frau aktuell» titelte über die deutsche Moderatorin Barabara Schöneberger: «Bittere Diagnose! Warum kann ihr keiner helfen?» Im Text löst sich die emotionsgeladene Schlagzeite jedoch schnell auf. Barbara Schöneberger ist lediglich kurzsichtig und trägt privat eine Brille. Garniert wurde der Aktikel mit der Aussage eines Augenarztes: «Ihre Augen haben eine Fehllstellung, darum ist sie kurzsichtig.» Eine Null-Geschichte. Trotzdem wird das Heft verkauft.

Leserschaft lässt sich gerne belügen

Mats Schönauer hat sich deshalb auch mit der Leserschaft auseinandergesetzt. Bei einer Umfrage sagten die mehrheitlich weiblichen Leser, dass man wisse, dass die Geschichten nicht immer stimmen. Man würde die Hefte aber trotzdem kaufen. «Das zeigt doch, dass viele Leserinnen ganz einfach betrogen werden wollen. Sie wissen, dass die Geschichten erfunden sind, aber dennoch funktioniert das System seit Jahren.»

Nur wenige Promis gehen gegen die Titel vor

Klagen von Königshäusern oder Prominenten gibt es selten. Lediglich eine kleine Gruppe von Stars geht regelmässig gegen die Hefte vor. Zum Beispiel der deutsche Fernsehmoderator Günther Jauch. «Darum werden die Geschichten um ihn herum auch ziemlich abgeschwächt geschrieben, aus Angst, dass wieder eine Klage kommt». Auch die deutsche Schlagersängerin Helene Fischer fodert regelmässig eine Gegendarstellung.

Die beiden Studenten haben sämtliche Vergehen der Regenbogenpresse in einem eigenen Blog zusammengefasst. Rund 2000 Klicks pro Tag verzeichnet ihre Internetseite.

Ob das den Schreiberlingen der Regenbogenpresse gefallen wird?