Mit derselben Verve und Entschlossenheit, mit der der heute 34-jährige Raphael Oberholzer in seiner Jugend als Punkband-Mitglied aufs Schlagzeug drosch, treibt er seine Start-Up-Firma voran.
Ich lasse mich einfach ins kalte Wasser fallen, und danach finde ich immer einen Weg.
Seine Idee: eine Universal-Fernbedienung, mit der sich alle Geräte im Haus bedienen lassen. Vom Garagentor über die Küchenbeleuchtung, die Musikanlage und die Heizung bis zu den Fensterstoren.
Die Idee ist nicht neu. Universal-Fernbedienungen gibt es bereits. Nur funktioniert keine so, wie es Raphael Oberholzer vorschwebt. Er möchte eine Fernbedienung, die seine technisch nicht versierte Mutter problemlos bedienen kann.
Hunderte Mini-Investoren
Offensichtlich kann er diese Business-Idee gut vermitteln. Im April 2014 gründet er die Firma, Anfangs 2015 bringen hunderte Mini-Investoren per Crowdfunding die erste Million Franken zusammen. Es folgen richtig grosse Investoren und weitere Millionen. Und zwischendurch heimst er bereits einen mit 100'000 Franken dotierten Wirtschaftspreis für Jungunternehmer ein. Aus dem ehemaligen Punkmusiker ist ein Business-Punk geworden.
«Wann werden denn eure Wunder-Fernbedienungen ausgeliefert?» wird Oberholzer gern gefragt. Seine Antwort: «Habt Geduld. Bald ist es so weit. Vermutlich noch in diesem Jahr.» Sein Appell an die Geduld ist zwei Faktoren geschuldet, die er sich selbst eingebrockt hat.
«Die Schweiz ist ein Billiglohn-Land»
Erstens: Er stellt keine Software her, sondern ein Gerät, das man anfassen kann. Das macht die Sache komplizierter. Oberholzer muss unter anderem elektrotechnische Normen kontrollieren, sich um Lizenzen und Patente kümmern und mit Zuliefererfirmen verhandeln. Das macht er nicht allein, sondern im Team.
Zweitens: Er will keine kleinen Brötchen backen. Er will nicht erst einmal in einem kleinen Markt starten. Nein, Oberholzer will in über 20 Ländern loslegen. Er hat das Design, das Marketing und den Verkauf sicherheitshalber gleich im Silicon Valley angesiedelt.
Oberholzer will den Herzschlag der Zukunft spüren. Also pendelt er zwischen Kalifornien und der Schweiz, zwischen Cupertino, wo er mit seiner Familie in einem kleinen Häuschen wohnt, und dem Firmenbüro im alten Schlachthaus in der Solothurner Altstadt.
Die Ingenieure arbeiten übrigens in der Schweiz. «Die sind günstiger hier. Die Schweiz ist im Vergleich zum Silicon Valley ein Billiglohn-Land», sagt Oberholzer trocken. Er streicht über den Ärmel seines blauen Hemdes. Eines von zehn blauen Hemden in seinem Kleiderschrank. Er trägt nichts anderes. Ein kleiner Spleen eines Mannes, der drauf und dran ist, im Silicon Valley seinen American Dream zu verwirklichen und zum Selfmade-Millionär zu werden.