Zwei komplett verschiedene Drohnen zeigen Forschende der ETH Zürich an der CeBIT: Auf der einen Seite Skye – ein runder Ballon, der schwebt wie ein Zeppelin, der sich aber auch präzise steuern lässt wie Quadkopter. Im Kontrast dazu Wingtra: Ein schnelles Flugzeug mit grosser Reichweite. Und trotzdem einiger Züge von Quadkoptern: Wingtra kann senkrecht starten und landen.
Event-Veranstalter, Feuerwehrleute und Bauern profitieren
So unterschiedlich wie die beiden Fluggeräte, so verschieden sind auch die Anwendungsszenarien. Weil Skye leicht ist und viel länger in der Luft bleiben kann, könnte der Zeppelin in Zukunft über grosse Menschenmengen in einem Stadion schweben. Und stürzt der leichte Ballon ab, richtet er keinen grossen Schaden an.
Wingtra hingegen soll schon bald mit Kameras ausgerüstet über weite Felder fliegen, während ein Bauer zu Hause am Bildschirm überprüft, wo es noch Dünger oder Wasser braucht.
Neben diesen beiden Drohnen arbeiten die ETH-Forscher noch an anderen Fluggeräten: An Drohnen etwa, die Menschenleben retten können, weil man sie in unzugängliches oder gefährliches Terrain schicken kann. Auf diese Weise sollen Bergretter verunglückte Wanderer aufspüren oder Feuerwehrleute mit Hilfe einer Drohne in ein brennendes Haus hineinschauen, um sich einen Überblick zu verschaffen und den Einsatz optimal planen zu können.
Autonomes Fliegen als Voraussetzung
Damit ein Feuerwehrmann auch ohne spezielle Pilotenausbildung ein Fluggerät steuern kann, müssen Drohnen intelligenter und selbständiger werden.
Diese Anforderungen stellten eine grosse Herausforderung für Forschende dar, sagt Roland Siegwart, Professor für autonome Systeme an der ETH Zürich: Geräte in der Luft müssen immer verstehen, wo sie sich im Raum befinden – und in der Lage sein, einem Hindernis auszuweichen.
Erschwerend hinzu kommt, dass man bei einer Drohne nicht beliebig Gerätschaften einbauen kann, denn jedes Gramm Gewicht zählt. Forscherinnen müssen deshalb genau überlegen, wie viel Rechenleistung erforderlich ist. Und auch bei den Sensoren müssen sie eine harte Gewicht-Nutzen-Analyse durchführen.
Von der Forschung in die Produktion
Gerade in diesen hohen Ansprüchen an autonomen Fluggeräte der nächsten Generation sieht Roland Siegwart eine Chance für die Schweiz: «Diese Systeme sind eine Kombination aus Intelligenz und Präzisionsgerät. Da ist die Schweiz prädestiniert, denn wir haben auf beiden Gebieten langjährige Erfahrung.»
Klar: China beherrscht den Markt mit Drohnen für den Konsumenten, wie zum Beispiel Marktführer DJI mit seinen attraktiven Produkten. Im teureren Segment, wo Präzision und intelligente Steuerungen eine wichtige Rolle spielen, hat die Schweiz als Standort aber durchaus eine Chance.
Die ETH zum Beispiel forscht schon seit Jahren an Drohnen und ist weltweit an der Spitze mit dabei. Führende Unternehmen der Branche wie Google, GoPro, Intel oder Samsung sind mit den Forschenden in der Schweiz in Kontakt. Einige Firmen arbeiten eng mit der ETH zusammen, wie zum Beispiel Google im Projekt «Tango»: Mit vereinten Kräften suchen Wissenschaftler nach einer Lösung, wie ein Gerät sich mit Sensoren statt mit einem GPS orientieren kann – ein Verfahren, von dem auch Drohnen profitieren werden.
Die Schweiz als Produktionsstandort
Für Roland Siegwart sind Drohnen Roboter, die aber niemandem den Arbeitsplatz streitig machen. Im Gegenteil: Die Drohnenwirtschaft habe das Potenzial, in der Schweiz Arbeitsplätze zu schaffen, ist der Wissenschaftler überzeugt.
Voraussetzungen dafür sind seiner Meinung nach risikofreudige Investoren und eine Regulierung des Schweizer Luftraumes im Hinblick auf Drohnen: Die Spielregeln, was Drohnen tun dürfen und was nicht, müssen klar festgelegt sein. Wenn die Schweiz schnell eine gute Balance zwischen den Interessen der Gesellschaft und der Wirtschaft findet, kann das ein Standortvorteil sein.
Doch bereits heute sind Schweizer Drohnenfirmen erfolgreich, wie das Beispiel Sensefly zeigt: Die Firma aus Lausanne produziert und exportiert in grossem Stil teure Drohnen für den professionellen Einsatz – zum Karthographieren einer Mine etwa.
Und kürzlich hat Action-Cam-Gigant GoPro das Schweizer Start-up-Unternehmen Skybotix aufgekauft, das Sensor-Technologien für Drohnen entwickelt. Nicht nur für das Start-up ein Erfolg: Das ehemalige ETH-Spin-off bleibt in der Schweiz und schafft hier weitere Arbeitsplätze.