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Aktuell «Ich werde im wiedereröffneten Bataclan auf der Bühne stehen.»

In einem halbstündigen Interview mit «Vice» sprechen die Eagles of Death Metal zum ersten Mal über die Ereignisse rund um die Terrorattacke auf ihr Paris-Konzert vom 13. November 2015. Das sind die Antworten der Band auf 5 wichtige Fragen rund um diesen traumatischen Abend:

Cover-Aktion

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«I Love You All The Time» heisst einer der Songs auf dem aktuellen Eagles of Death Metal-Album «Zipper Down».

Im Interview ermutigt die Band andere Bands und Künstler dazu, diesen Song zu covern. Alle Erlöse dieser Aktion kommen den Überlebenden und Hinterbliebenen der Terroranschläge vom 13. November zu Gute.

1. Wann hat die Band gemerkt, was überhaupt los ist?

Eden Galindo, Gitarrist: «Zuerst habe ich gemeint, dass die Anlage und die Boxen gerade ihren Geist aufgeben. Dann habe ich aber ziemlich schnell gemerkt, dass das nicht der Fall ist... Jesse [Anm.: Jesse Hughes, Sänger] ist zu mir gerannt und wir haben im ersten Moment gar nicht gecheckt, ob wir überhaupt das Ziel sind.»

Matt McJunkins, Bassist: «Als die Schiesserei losging, habe ich sofort meinen Bass fallen lassen und mich hinter einem Vorhang auf der Bühne versteckt.»

Julian Dorio, Drummer: «Wir sind eine ziemlich laute Band: Es ist also schwierig, uns zu übertönen. Die ersten Schüsse waren allerdings so unglaublich laut, dass ich sofort wusste, dass da etwas nicht stimmen kann. Ich bin direkt von meinem Stuhl gefallen und habe mich hinter dem Drumkit versteckt.»

2. Wie ist die Band unversehrt aus der Location gekommen?

Eden: «Zuerst sind wir nach oben in den Backstage gerannt um nach Jesses Freundin zu suchen, die ebenfalls in der Location war. Nachdem Jesse dort einem der Attentäter begegnet ist, sind wir allerdings wieder nach unten gerannt und durch einen Seitenausgang in eine Nebenstrasse geflüchtet.»

Julian: «Nachdem ich realisiert habe, was los ist, bin ich hinter unserem Equipment durch von der Bühne gekrochen. Dann habe ich eine Türe gesehen und bin einfach nur gerannt.»

Dann habe ich eine Türe gesehen und bin einfach nur gerannt.
Autor: Julian Dorio Eagles of Death Metal

Matt: «Zuerst habe ich mich auf einer Seite der Bühne versteckt, auf der es keinen Ausgang nach Draussen gab. Als ich dann die Knallgeräusche und die flackernden Lichter der Waffen wahrgenommen habe, musste ich mich zuerst dafür entscheiden, ob ich jetzt quer über die Bühne rennen oder in einen kleinen Raum in der Nähe der Bühne flüchten wollte. Ich habe mich dann mit einigen Fans in diesem Raum versteckt und verbarrikadiert. Einige der Fans haben geblutet, ein Mädchen wurde angeschossen.

Wir haben eine Champagnerflasche, die im Raum stand, zu einer Waffe umfunktioniert. Aus unerfindlichen Gründen gab es zusätzlich ein Wasserleck in diesem Raum - das Wasser stand uns bis zu den Knöcheln. Die Schüsse kamen dann immer wie näher. Das Ganze dauerte vielleicht 15 Minuten. Die Schüsse haben einfach nicht aufgehört. Irgendwann gab es eine Explosion, die das ganze Gebäude wackeln liess.»

Wir haben eine Champagnerflasche, die im Raum stand, zu einer Waffe umfunktioniert.
Autor: Matt McJunkins Eagles of Death Metal
Eagles of Death Metal
Legende: Die beiden Gründungsmitglieder der Eagles of Death Metal: Joshua Homme & Jesse Hughes Vice

3. Wie nahe kam die Band den Attentätern?

Jesse Hughes, Sänger: «Ich bin unmittelbar nach den ersten Schüssen in den oberen Stock zu unserem Umkleideraum gerannt und habe meine Freundin gesucht. Dort habe ich sie allerdings nicht gefunden. Dann habe ich die Türe zum Flur geöffnet und einen der Attentäter gesehen. Er hat sich zu mir umgedreht - dabei ist seine Waffe gegen den Türrahmen geknallt. Daraufhin bin ich in die Gegenrichtung gerannt und habe alle Leute, die mir entgegengekommen sind, davor gewarnt, sofort umzudrehen. Als ich dann Eden und meine Freundin gesehen habe, sind wir zusammen aus der Location geflüchtet.»

Dann ist mir ein Attentäter aufgefallen, der mich direkt anschaute. Er nahm seine Waffe und zielte auf mich.
Autor: Shawn London Eagles of Death Metal

Shawn London, Mischer: «Ich stand hinter dem Mischpult, der sich ganz am Ende der Tanzfläche und in der Nähe des Eingangs zur Location befand. Dann habe ich plötzlich dieses laute Geräusch direkt hinter mir wahrgenommen, das im ersten Moment wie Feuerwerk klang. Ich habe Leute gesehen, die auf den Boden gesackt sind. Dann ist mir ein Attentäter aufgefallen, der mich direkt anschaute. Er nahm seine Waffe und zielte auf mich. Er hat dabei allerdings nur das Mischpult getroffen. Die Knöpfe des Pults sind durch die Luft geflogen. Ich bin zu Boden gegangen und habe mit ein paar Konzertbesuchern darauf gewartet, bis die Schüsse aufhören. Als der Attentäter, der vorher auf mich gezielt hat, Nachladen musste und darum eine kurze Feuerpause einlegte, sind wir via Haupteingang auf die Strasse geflüchtet.»

4. Was hat die Band unmittelbar nach dem Konzert gemacht?

Jesse: «Ich habe sofort Joshua [Homme, Sänger von Queens of the Stone Age und Mitbegründer der Eagles of Death Metal] angerufen. Das macht man so, wenn man in Schwierigkeiten gerät: Man ruft Joshua an. Ich habe mich total schuldig gefühlt, weil ich im ganzen Chaos Matt und [Gitarrist] Dave auf der Bühne zurück gelassen habe. Nach dem Telefon mit Joshua ging es mir allerdings wieder ein Stück weit besser.»

5. Wie geht es mit der Band weiter?

Jesse: «Meine Grossmutter und meine Mutter haben mich mit folgender Weisheit erzogen: Wenn dich ein Arschloch hasst, dann ist das gut so! Wenn dich also beispielsweise Adolf Hitler hasst, dann ist das ein Kompliment für dich! Ich lasse mich weder einschüchtern noch unterkriegen. Ich möchte mein Leben nicht damit verschwenden, mich bei Arschlöchern einzuschleimen - viel lieber möchte ich mit Freunden feiern und sie mit Rock'n'Roll unterhalten.

Ich kann es kaum erwarten, wieder nach Paris zurückzukehren und dort wieder auftreten zu können. Ich möchte die erste Band sein, die im wiedereröffneten Bataclan auf der Bühne steht. Ich war da, als es still wurde... unsere Freunde kamen in den Bataclan um Rock'n'Roll zu sehen - und starben dabei. Ich will dorthin zurückkehren und leben.»

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