Während die Städteorte Bern und Zürich Fribourg und Solothurn in das Bündnissystem aufnehmen wollen, sperren sich die Länderorte Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus und Zug dagegen: Sie befürchten, dass der Einfluss der städtischen Orte durch deren Beitritt zu gross werden könnte. Gleichzeitig gilt es, die Kriegsbeute aus den Burgunderkriegen unter den Bündnispartnern aufzuteilen. Über den Verteilungsschlüssel des gewonnenen Grund und Bodens, sowie die erkämpften finanziellen Mittel herrscht Uneinigkeit. Seit dem Ende der Burgunderkriege 1477 befindet sich die Bündnisgemeinschaft in der Krise. Die Urner und Schwyzer haben das Gefühl bei der Verteilung der Burgunderbeute zu kurz zu kommen. Es kommt zu einem Freischarenzug nach Waadt, dem sogenannten Saubannerzug. Um sich künftig von solchen Freischarenzügen schützen zu können, gehen Fribourg und Solothurn mit anderen Städteorten ein Abkommen ein (ewiges Burgrecht). Damit sind die Länderorte aber ganz und gar nicht einverstanden.
An der Tagsatzung in Stans 1481 verhandeln die Abgesandten der Kantone nun um eine Lösung dieser Konflikte.
Ein Bündnis oder zwei Verträge?
Während die Städteorte einen Bund von zehn Orten vorschlagen (die acht alten Orte, zusätzlich Fribourg und Solothurn) beharren die Länderorte auf zwei verschiedenen Verträgen: Ein Verkommnis sollte den Städten (und im Grunde allen Orten) ihre innere Sicherheit gewährleisten. In einem weiteren Vertrag sollten die acht alten Orte dann gemeinsam ein Bündnis mit Fribourg und Solothurn eingehen. Damit wären die beiden neuen Städteorte nicht gleichberechtigt. Nach längeren Verhandlungen und gegenseitigen Zugeständnissen im November nimmt die Lösung von zwei gesonderten Verträgen Form an.
Der Bund droht zu zerbrechen
Als die Abgesandten im Dezember erneut zusammentreten, zeigt sich, dass die Verhandlungen im vergangenen Monat keine Früchte tragen: Nach wie vor scheidet die künftige bundesrechtliche Stellung von Fribourg und Solothurn die Geister. Am 22. Dezember beenden die Gesandten die Sitzung. Es scheint, als könne keine Lösung mehr gefunden werden. Der Bestand des Bündnissystems ist ernsthaft gefährdet.
Nächtliche Suche nach Rat
Zum entscheidenden Durchbruch verhilft der Einsiedler Niklaus von der Flüe, obwohl er selbst nicht anwesend ist: Pfarrer Amgrund von Stans hatte sich bereits in der Nacht auf den Weg zu dem Einsiedler im Ranft gemacht, um dessen Rat einzuholen. Als er zurückkehrt, befinden sich die Gesandten der Tagsatzung bereits in den Wirtshäusern von Stans. Er sucht sie dort auf mit dem Ziel, die Abgeordneten der Tagsatzung nochmals zusammenzubringen.
Das Verkommnis zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der Städte wird nun von allen Vertragsparteien akzeptiert. Den neuen Bundesbrief hingegen diskutieren die Abgeordneten am Silvester 1481 wiederholt. Fribourg stimmt schliesslich, wenn auch zögernd, zu. Der Bund ersetzt das vorhergegangene und umstrittene Burgrecht; die acht alten Orte gehen mit Fribourg und Solothurn als zugewandte Orte einen Ewigen Bund ein.
Quellen:
Historisches Lexikon der Schweiz: «Stanser Verkommnis»
Historisches Lexikon der Schweiz: «Saubannerzug»
Ferdinand Elsener 1981: «Rechsgeschichtliche Anmerkungen», in «500 Jahre Stanser Verkommnis», Historischer Verein Nidwalden, Stans.
Ernst Walder 1994: «Das Stanser Verkommnis. Ein Kapitel eidgenössischer Geschichte neu untersucht: Die Entstehung des Verkommnisses von Stans in den Jahren 1477 bis 1481», Historischer Verein Nidwalden, Stans.