«Sie glauben ja gar nicht, wie schwierig es ist, als eigenständige Person wahrgenommen zu werden!» Das sagt mir Vera Weber bei unserem ersten Telefonat. Sie ist Präsidentin der Fondation Franz Weber. Die Stiftung wurde von ihrem Vater, Franz Weber, 1975 gegründet. Für viele langjährige Gönner der Stiftung ist er ein Held. In den 60er Jahren rettete er Surlej im Oberengadin vor der Überbauung. In den 70er Jahren trat er zusammen mit Brigitte Bardot gegen die blutige Robbenjagd in Kanada an. Später folgte die Rettung des Lavaux, des Weinanbaugebiets am Genfersee, und in jüngster Zeit die Zweitwohnungsinitiative. Die Tochter führte zwar die Kampagne und gewann sie, doch im Vordergrund stand immer der Vater.
Keine einfache Situation für Vera Weber, die seit 2014 Präsidentin der Stiftung ist, aber sich eigentlich schon seit dem Kindesalter für gefährdete oder gequälte Tiere einsetzt.
Schwierige Stabübergabe
Vera Weber ist ein Einzelkind, deshalb dachte ich, ihr Vater hätte sie als seine Nachfolgerin aufgebaut. Doch dem war nicht so. Ihr Eintritt in die Stiftung verlief alles andere als reibungslos. Der Vater tat sich schwer mit der willensstarken jungen Frau, die unbedingt mitarbeiten wollte.
Nun ist sie seine Nachfolgerin – trotz allem. Ihr Vater ist jetzt 89 Jahre alt. Vera ist damit konfrontiert, dass er allmählich sein Gedächtnis verliert. Seit einigen Monaten kann er nicht mehr mit seiner Frau Judith zu Hause leben. Ein schwieriges Thema, noch schwieriger, es öffentlich zu thematisieren. Schliesslich war Vera Weber aber doch damit einverstanden, ihn mit mir zusammen zu besuchen.
Es ist interessant zu sehen, wie die Tochter das Erbe des Vaters auf ihre eigene Art weiterführt. Die Zeit der charismatischen Machertypen ist vorbei. Vera spricht sanft, sie ist diplomatisch, aber hartnäckig. Um die Tiere langfristig zu schützen, will sie die Leute überzeugen, sie für den Schutz gewinnen. Besonders die Elefanten liegen ihr am Herzen. Seit Ende der 90er Jahre das Handelsverbot für Elfenbein teilweise gelockert wurde, hat die Schlachterei wieder eingesetzt. Allein in den letzten 10 Jahren wurden etwa 150 000 Elefanten getötet, ein Drittel aller Elefanten Afrikas.
Grosser Erfolg für Vera Weber
An der letztjährigen Artenschutzkonferenz CITES (Committee on International Trade of Endangered Species) in Johannesburg kämpfte sie für ein Totalverbot des Elfenbeinhandels. Über 180 Länder treffen sich an der Konferenz, um über den Handel mit bedrohten Arten zu diskutieren und Beschlüsse zu fassen. Die Tierschützerin arbeitete dafür eng mit den afrikanischen «Elefantenländern» zusammen und konnte die meisten von einem Verbot überzeugen.
Die Anträge dieser Länder hat die CITES angenommen und die Empfehlung abgegeben, die Binnenmärkte für den Elfenbeinhandel zu schliessen. Inzwischen hat auch China angekündigt, 2017 seinen Binnenmarkt für den Handel mit Elfenbein zu schliessen. Ein grosser Erfolg im Nachgang der Konferenz, den Vera Weber und andere Elefantenschützer für sich verbuchen können. So tritt die Tochter aus dem Schatten ihres charismatischen Vaters – mit einem Erfolg, errungen durch Diplomatie, Verhandlungsgeschick und Hartnäckigkeit.