Darf man Nachbars Wäsche aus der Waschmaschine nehmen, wenn er nicht da ist? Darf man Abfall in fremde Säcke stopfen? Einen Schuhschrank ins Treppenhaus stellen?
Wer in einer Mietwohnung wohnt, weiss: Solche und ähnliche Fragen sorgen in fast jedem Mietshaus für hitzige Diskussionen und rote Köpfe.
Der Hauswart nervt sich ob den vielen Velos
Auch der Velokeller und die Zugangswege zum Hauseingang zählen zu den Hot Spots eines Miethauses. In Langnau am Albis ärgert sich offenbar der Hauswart, dass überall Velos herumstehen. Deshalb erlässt die Haus-Verwaltung kurzum eine neue Weisung: Mieterinnen und Mieter dürfen pro Haushalt nur noch ein Velo pro Person besitzen.
Sneza Borowic wohnt in dieser Liegenschaft. Die neue Weisung kann sie nicht verstehen. «Kann man uns wirklich vorschreiben, wie viele Velos wir besitzen dürfen?», möchte sie vom Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 wissen.
Wie eine Mieterin ihre Wohnung und die zur Wohnung gehörenden Räume nutzen darf, ergibt sich aus dem Mietvertrag. Wer eine 1 ½ Zimmer-Wohnung für eine Person mietet, darf nicht plötzlich zwei ständige Untermieter zu Gast haben. Sonst wäre die Wohnung nämlich übergenutzt. Bei den allgemeinen Räumen ergibt sich die Art ihrer Nutzung aus deren Zweck. In der Waschküche dürfen Mieterinnen und Mieter ihre Wäsche waschen und zum Trocknen aufhängen. Wer ständig für einen ganzen Verein die Trikots wäscht, übernutzt die Waschküche ebenfalls.
Mieterinnen und Mieter müssen aufeinander Rücksicht nehmen
Verfügt eine Liegenschaft über einen Veloraum, so dürfen Mieterinnen und Mieter dort ihre Velos einstellen. Auch hier gilt: Man darf einen Raum nutzen, aber nicht übernutzen. Stellen einzelne Mieterinnen und Mieter in einem Veloraum gleich mehrere Fahrränder ein, so kann es dazu führen, dass nicht mehr für alle genug Platz ist. In diesem Fall würden die Betreffenden ihr Einstellrecht auch übernutzen.
Ist genug Platz vorhanden und können alle Mieterinnen und Mieter ihre Fahrränder unterbringen, so liegt keine Übernutzung vor. Deshalb sind ganz generelle Beschränkungen eines Vermieters wie die im Falle der «Espresso»-Hörerin nicht zulässig.
Will ein Vermieter Regeln aufstellen, die seine Mieterinnen und Mieter in deren Freiheiten einschränken, so muss er solche Regeln immer sachlich begründen können. Dass sich der Hauswart an vielen Fahrrädern stört, ist kein sachlicher Grund. Anders, wenn der Hauswart beim Reinigen nicht an Schränke kommt oder wenn durch die Fahrräder die Rettungsdienste behindert würden.
Velo im Notfall im Keller oder auf dem Balkon abstellen
Allerdings: Ein Vermieter kann in der Hausordnung sachlich begründete Regeln über das Verhalten der Mieterinnen und Mieter in der Liegenschaft aufstellen. Was weiter geht, ist nicht zulässig. Im konkreten Beispiel kann der Vermieter beispielsweise die Regel aufstellen, wonach pro Person nur ein Velo im Velokeller abgestellt werden darf. Wie viele Velos ein Haushalt besitzt, geht den Vermieter aber gar nichts an.
Mieterinnen und Mieter dürfen also so viele Velos besitzen, wie es ihnen gefällt. Wenn der Platz im Velokeller oder im Velostand zu eng wird, müssen sie ihre Räder eben im Kellerabteil abstellen oder schlimmstenfalls auf dem Balkon oder in der Wohnung. Denn bis dorthin reicht die Regelungsbefugnis weder des Hauswarts noch des Vermieters.