Was sich die Teamleiterin seiner Frau erlaubt, ist für «Espresso»-Hörer Reto Domenig inakzeptabel. «Sie durchsucht Schränke und Schubladen und schmeisst sogar Dinge weg, die ihr nicht passen», schreibt er in seinem Mail. Und das ohne eine Vorwarnung und ohne Ankündigung.
Privatsphäre
«Wie kann sich meine Frau wehren und wie muss sie vorgehen?», lautet seine Frage an das Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1.
Wer schnüffelt, macht sich strafbar
Ohne ausdrückliche Einwilligung darf keine Chefin in Handtaschen, Schubladen oder Schränken ihrer Angestellten herumwühlen. Sie könnte sich strafbar machen. Denn: Angestellte haben Anspruch auf Wahrung ihrer Privatsphäre. Auch am Arbeitsplatz.
Geregelt sind diese Recht der Angestellten im Obligationenrecht und im Gesetz über den Datenschutz. Datenbearbeitungen – dazu gehören auch Kontrollen – sind nur in ganz engen Grenzen möglich.
So darf ein Arbeitgeber seine Angestellten nur überwachen oder kontrollieren, wenn er einen sachlichen Grund dazu hat. Dann zum Beispiel, wenn im Betrieb mit wertvollen Materialien gearbeitet wird, wenn der Verdacht besteht, dass ein Angestellter seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nicht genügend nachkommt oder dass er sich strafbar gemacht hat.
Kontrollen müssen verhältnismässig sein
Liegt ein sachlicher Grund vor, muss der Arbeitgeber bei der Kontrolle den Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachten. Werden in einem Unternehmen beispielsweise vermehrt Diebstähle festgestellt, darf der Arbeitgeber die Angestellten stichprobenweise kontrollieren.
Jedoch müssen alle Angestellten gleichermassen überprüft werden und die Kontrollen haben sich – zum Beispiel bei Taschenkontrollen oder Leibesvisitationen - auf das Notwendigste zu beschränken.
In den Arbeitsverträgen vieler Grossfirmen finden sich heute Klauseln, wonach im Betrieb regelmässig Stichproben oder Kontrollen aller Art stattfinden: Videoüberwachungen, Überprüfung des Telefonverkehrs oder GPS-Überwachung.
Mit seiner Unterschrift erteilt der Angestellte seine Einwilligung zu diesen Kontrollen. Solche Klauseln sind zulässig und geben dem Arbeitgeber das Recht, seine Angestellten zu kontrollieren. Allerdings muss er auch hier die Verhältnismässigkeit wahren und die Kontrolle auf das allernotwendigste beschränken.
Vor diesem Hintergrund ist es höchst fragwürdig, wie die Teamleiterin im Beispiel unseres «Espresso»-Hörers Reto Domenig mit ihren Untergebenen umgeht. Auch wenn sich der Arbeitgeber Kontrollen mit entsprechende Klauseln in den Arbeitsverträgen vorbehalten hätte: Um die Kontrollen durchzuführen, braucht die Teamleiterin einen konkreten Anlass und sie muss darf nicht einfach nach Lust und Laune in Privaten herumwühlen oder gar fremdes Eigentum wegwerfen.
Vor Gericht kann die Sache teuer werden
Die Ehefrau von Reto Domenig sollte unbedingt das Gespräch mit ihrer Teamleiterin suchen – am besten mit anderen betroffenen Angestellten – und sie auf die rechtlichen Grundlagen hinweisen. Nützt das nichts, so kann sie Hilfe bei einer internen Anlaufstelle oder beim Datenschutzbeauftragten holen (Adresse siehe Linkbox).
An einer baldigen Klärung dürfte auch die Geschäftsleitung des betroffenen Unternehmens interessiert sein: Im Kanton Genf klagte ein Angestellter, weil er sich durch heimliche Bürodurchsuchungen in seiner Privatsphäre verletzt fühlte. Der Angestellte bekam Recht. Der Betrieb musste ihm eine Genugtuungs-Summe von 5000 Franken bezahlen.