Wegen des Rasenmähroboters hat der kleine Noah eine Zehe amputieren müssen. Mutter Anja Werner-Aloisi erinnert sich genau: Es war der letzte Freitag im Mai 2014 und der neue Rasenmähroboter erstmals im Einsatz: Die Familie ist mit Gästen auf dem Sitzplatz vor dem Haus. Plötzlich springt Sohn Noah, damals 2-jährig, auf den Rasen, die Mutter hinterher, weil er nicht auf ihre Rufe hört. Auf dem Rasen stösst Noah mit dem Roboterrasenmäher zusammen und fällt hin. Das Gerät fährt kurz zurück, setzt nochmals an und fährt in den Fuss des Jungen. Die Mutter stellt den Robomow MC500 sofort ab. Zu spät. Der Mäher ist dem Jungen mehrmals in den linken Schuh gefahren.
Die Klinge des Rasenroboters verletzt den Jungen schwer. Im Inselspital Bern stellen die Ärzte fest, dass eine Zehe am linken Fuss abgetrennt wurde. Sie versuchen, sie in einer mehrstündigen Operation anzunähen. Ohne Erfolg. Zwei Wochen später müssen sie die Zehe amputieren.
Nicht auszudenken, wenn der Kleine sogar Barfuss gewesen wäre. Die Mutter sagt im «Kassensturz»: «Es darf nicht passieren, dass ein Kind auf diesem Weg eine Zehe verliert.» Für Anja Werner-Aloisi ist klar: Das Gerät stellt für kleine Kinder eine Gefahr dar.
Kein Einzelfall
Ein ähnlicher Unfall ereignete sich vor kurzem in Deutschland: Ein Mähroboter fährt Ende August in Hude, in der Nähe von Bremen, einem 3-jährigen Jungen über den Fuss und zerschneidet ihm die Ferse. Auch hier hat der Roboter nicht schnell genug gestoppt. Auch hier handelte es sich um ein Gerät der Firma Robomow.
Sind Mähroboter nicht sicher? «Kassensturz» testete im Frühling 2014 solche Geräte. Unter den sechs geprüften Modellen war auch das Gerät Robomow MC500, welches Noah verletzte. Beim Testkriterium Sicherheit schnitten alle Mäher gut ab: Als sie hochgehoben wurden, bremsten die Messer.
Schuh nicht erkannt im Test
In einem Test der deutschen Stiftung Warentest (5/2014) bestanden aber einige Geräte die Sicherheitsprüfung nicht. Die Tester prüften zusätzlich, ob die Rasenroboter Hindernisse erkennen und simulierten den Zusammenprall mit einem Prüfschuh. In diesem Test war kein Modell der Firma Robomow dabei. Die fehlende Reaktion auf Hindernisse – das war ein Schwachpunkt gleich bei mehreren Geräten. Negativ fiel das Modell L 75 Deluxe der Firma Ambrogio auf. Es stoppte nicht, auch nicht bei Testschuhen. Das Modell fiel im Test durch, das Schlussurteil war mangelhaft.
Verharmlosende Informationen auf der Homepage
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Die Informationen im Internet würden die Gefahr von solchen Geräten verharmlosen und eine falsche Sicherheit vermitteln, sagt Noahs Vater Gianluca Aloisi. Sie verweist auf dieRobomow-Homepage, wo beispielsweise steht: «Ist Robomow sicher für Kinder und Haustiere? Die Antwort: Robomow ist mit zahlreichen Sicherheitsfunktionen ausgestattet, die ihn zu einem ausgesprochen sicheren Produkt machen.»
Geradezu paradox findet Gianluca Aloisi die Antwort der Versicherung vom OBI Baumarkt: Es dürfe nie gemäht werden, wenn Kinder in der Nähe seien. Er widerspricht. Niemand hat mich gewarnt: «Hätte ich gewusst, dass ich den Roboter nicht alleine mähen lassen kann, hätte ich bestimmt keinen gekauft.» Obwohl er seine Rechtschutzversicherung einschaltete, hat er bis heute nichts mehr vom Importeur der Geräte gehört.
Behörden untersuchen jetzt offiziell
Als «Kassensturz» den Fall aufgreift, kommt Bewegung in die Sache. Auf Anraten von «Kassensturz» meldet die Familie Aloisi den Fall dem Staatssekretariat für Wirtschaft Seco, welches für die Abklärung von gefährlichen Produkten zuständig ist. Nun hat die Beratungsstelle für Unfallverhütung ein Kontrollverfahren eröffnet. Peter Gyger, der Abteilungsleiter für Produktesicherheit, hat die Firma Robomow aufgefordert, Belege vorzulegen, die ihre Sicherheitsprüfungen belegen. Gyger will zusätzlich die Geräte in einem akkreditierten Labor testen lassen, um zu wissen, ob das Produkt den grundlegenden Anforderungen an die Sicherheit entspricht. Mit dem Ergebnis der Untersuchung ist in drei bis sechs Monaten zu rechnen.
Das sagt der Hersteller
Die Herstellerin des Roboters, die F. Robotics Acquisitions Ltd schreibt «Kassensturz» in einer Stellungnahme, dass sie den Unfall mit Noah bedauere. Sie bestätigt das Verfahren und verspricht eine Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle für Unfallverhütung. Die Fragen von «Kassensturz» wollte die Firma noch nicht beantworten.Sie weist darauf hin, dass sie zuerst die Einzelheiten nachvollziehen wolle, um in Zukunft ähnliche Unfälle zu verhindern.
Abschliessend hält die F. Robotics Acquisitions Ltd. fest, sie sei seit 16 Jahren mit 100‘000 verkauften Geräten in 20 Ländern erfolgreich auf dem Markt. «Sicherheit ist unser oberstes Gebot.»