Über 700 000 Schweizerinnen und Schweizer leben im Ausland. Die meisten davon haben noch immer eine Verbindung zu ihrem Heimatland. Zum Beispiel ein Konto auf einer Schweizer Bank. Doch: Das ist gar nicht mehr so einfach. Für viele einheimische Banken scheint das Geschäft mit Auslandschweizern nicht mehr interessant zu sein. Das zeigen diverse Meldungen an die «Espresso»-Redaktion.
«… und jetzt wirf man mich einfach raus!»
Zum Beispiel jene, von Thomas Käslin: Er lebt seit 15 Jahren in Nagoya in Japan. Er ist langjähriger Kunde bei der Nidwaldner Kantonalbank (NKB). Doch nicht mehr lange. Vor einigen Wochen schickte ihm diese einen Brief: «Die Bank schrieb mir, dass mir und meiner 8-jährigen Tochter die Geschäftsverbindung auf September gekündigt werde und dass ich einen anderen Platz für mein Geld suchen müsse.» Grund sei das veränderte, regulatorische Umfeld.
Der 50-jährige Auswanderer fühlt sich vor den Kopf gestossen: «Dieses Vorgehen ist für mich absolut inakzeptabel. So kann man doch nicht mit Kunden umgehen! Es gab keinen Lösungsvorschlag – nichts. Ich bin seit über 30 Jahren Kunde bei dieser Bank, und jetzt wirft man mich einfach raus.»
Auf Anfrage von «Espresso» schreibt die Nidwaldner Kantonalbank: «Durch das ausländische Kundendomizil wird ein deutlich höherer administrativer Aufwand im direkten Kundengeschäft, aber auch im Backoffice und in der Compliance verursacht. Aufgrund der unterschiedlichen geltenden Rechten in allen Ländern ist es der NKB – aufgrund ihrer Grösse – nicht möglich für jedes Land ein Team zu engagieren, welches sich mit den jeweiligen Gesetzgebungen auskennt.» Weiter heisst es, die NKB werde deshalb in Zukunft nur noch sehr wenige Beziehungen zu Personen mit Domizil im Ausland unterhalten. Ausserdem kündigt die NKB für das kommende Jahr eine Erhöhung der Kontoführungsgebühren für Auslandkunden auf 300 Franken pro Kundenbeziehung an.
Preisüberwacher kann nichts tun
Auch die Auslandschweizer-Organisation (ASO) hat diesbezüglich viele Klagen erhalten. Von Diskriminierung ist die Rede. In einer Resolution schreibt die ASO, es sei inakzeptabel, dass Schweizer mit Wohnsitz im Ausland keine Bankbeziehungen mehr haben können. Oder wenn, dann nur zu überhöhten Gebühren oder zu sehr hohen Mindesteinlagen. Sie fordert deshalb von Banken und Behörden eine Lösung. Ausserdem gelangte die ASO mit diesem Problem an den Preisüberwacher.
Dieser hat sich letztes Jahr der Sache angenommen und verschiedene Bankangebote unter die Lupe genommen. Er sieht allerdings keine Möglichkeit einzugreifen, denn die Gebühren sind von Bank zu Bank sehr unterschiedlich. Daraus schliesst der Preisüberwacher, dass der Wettbewerb spielt, wie er in einer Stellungnahme schreibt. Er empfiehlt den Auslandschweizern, die verschiedenen Bankangebote miteinander zu vergleichen.
Bank-Angebote im Vergleich
Einen solchen Vergleich hat «Espresso» mit 13 Finanzinstituten gemacht. Und auch hier: 6 von 13 Bank nehmen Schweizer mit Wohnsitz in gewissen Ländern nicht mehr in ihren Kundenstamm auf oder wenn, dann nur mit gewissen Einschränkungen. Auffallend: Viele Banken kennen bei in den USA lebenden Schweizern kein Pardon mehr. Grund ist der Steuerstreit, der Schweizer Banken zünftig unter Druck setzt.
Die Gebühren fallen sehr unterschiedlich aus. Oft kommt es auf das Domizil an. In der Regel sind sie für Schweizer mit Wohnsitz in einem Nachbarland tiefer, als für jene die weiter weg leben. Verrechnet werden im Schnitt zwischen 20 und 30 Franken pro Monat. Am wenigsten verlangt die Migros Bank, nämlich 5 Franken für Schweizer mit Domizil in einem OECD-Land. An der Spitze liegen die Credit Suisse und die Valiant-Bank. Dort bezahlen Auslandschweizer 40 Franken pro Monat.
Unter den angefragten Banken gab es lediglich eine, die komplett auf spezielle Gebühren für Kontoinhaber mit Domizil im Ausland verzichtet. Die Thurgauer Kantonalbank. Allerdings konzentriert sich diese auf Schweizer Kunden aus Deutschland und Österreich.
Keine rosigen Aussichten
Aber: Zwar gibt es im Moment noch Banken, welche auf höhere Gebühren verzichten. Allerdings ist zu befürchten, dass auch diese bald nachziehen werden. Das sagt Finanzexperte Marc Weber vom VZ Vermögenszentrum: «Die zunehmende Regulierung führt dazu, dass eine Schweizer Bank auch das ausländische Recht befolgen muss. Das führt zu einer höheren Komplexität, vor allem, wenn eine Bank mehrere Länder betreut. Das hat steigende Kosten zur Folge.»
Er ist sich sicher, dass nach den grösseren Banken bald auch die kleinen Institute mit einer Spesen-Erhöhung aufwarten werden. Oder noch rigoroser: «Ich würde sogar davon ausgehen, dass es sich für kleine bis mittelgrosse Banken nicht mehr lohnt, Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland zu führen und darum viele Kundenbeziehungen aufgelöst werden.»
Und so bleibt nur noch eins: Wer im Ausland lebt und ein Konto bei einer Schweizer Bank haben will, der muss die wenigen Angebote vergleichen und für sich die beste Lösung wählen. Dabei sollte man nicht nur die Kontogebühren prüfen, sondern das gesamte Dienstleistungspaket.