Die gute Nachricht vorweg: Die Detailhändler haben im Verlauf des letzten Jahres viele Importprodukte günstiger gemacht. Das zeigt der grosse Warenkorb-Vergleich der Konsumentensendung «Kassensturz» basierend auf rund 160 Produkten.
Die Theorie ist klar: Sinkt der Eurokurs, müssten auch alle Importprodukte aus dem Euroraum günstiger werden. Doch haben Hersteller und Detailhändler die Währungsgewinne tatsächlich den Konsumenten weitergegeben?
Am 19. Januar 2015, wenige Tage nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses, ging «Kassensturz» in die Läden und hat bei Aldi, Coop, Denner, Lidl, Migros und Spar Importprodukte eingekauft. Es sind Lebensmittel, Süsswaren, Kosmetika, Hygieneartikel und Produkte des täglichen Bedarfs. Letzte Woche haben die «Kassensturz»-Preisfahnder ein weiteres Mal die Preise erhoben (siehe Tabelle am Schluss des Artikels). Das sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Preisvergleich:
- Von den 164 sind 141 Produkte günstiger als noch Anfang 2015. 21 Produkte sind gleich geblieben, zwei Produkte sind teurer geworden.
- Die Preissenkung beträgt im Schnitt 6,9 Prozent über den ganzen Warenkorb. Es gibt Unterschiede zwischen den Detailhändlern. Im Vergleich von «Kassensturz» hat der Discounter Denner die Preise am stärksten gesenkt: nämlich 9,3 Prozent. Auffallend auch: Viele Preissenkungen bewegen sich nur im Rappenbereich. Die grössten Preisreduktionen fand «Kassensturz» bei Damenhygiene-Artikeln: Coop und Migros senkten zwei Produkte von Always und OB zwischen 22 und 26 Prozent.
- Markenhersteller reagieren unterschiedlich: Bei den Preissenkungen sind die Detailhändler auch auf das Entgegenkommen der Markenhersteller angewiesen. Eine Auswertung nach Marken zeigt grosse Unterschiede: Die Produkte von Procter & Gamble im «Kassensturz»-Warenkorb wurden im Schnitt um 14 Prozent günstiger. Andere Marken sind Schweizer Konsumenten offensichtlich weniger entgegengekommen: Nestlé - 6,1 Prozent, Beiersdorf - 5,2 Prozent, Ferrero – 5 Prozent.
- Die Hochpreisinsel bleibt. Das ist die schlechte Nachricht: Der Unterschied zu den Preisen in Deutschland für die genau gleichen Produkten ist unverändert gross. Er hat sich durch den Währungssturz sogar noch vergrössert. Kassensturz hat rund 20 Produkte aus dem Warenkorb in Deutschland eingekauft und zum Teil eklatante Unterschiede gefunden (siehe Bildgalerie). Im Schnitt waren die Schweizer Produkte rund 80 Prozent teurer. Beispielsweise das Elsève Shampoo von L’Oréal wurde im Coop im letzten Jahr von Fr. 4.75 auf Fr. 3.95 gesenkt. Dies ist aber noch mehr als doppelt so viel als man in Deutschland dafür bezahlt.
Zuschlag Schweiz bleibt
Detailhändler betonen im «Kassensturz», dass sie mit den Herstellern und deren Importeuren hart verhandeln mussten. «Alle Währungsvorteile, die wir bei unseren Lieferanten herausholen konnten, haben wir weitergegeben in Form von tieferen Preisen», sagt Luzi Weber von der Migros. Denner hat nach eigenen Angaben die Preise von über 1000 Produkten gesenkt, Coop hat im Laufe des Jahres 15'000 Artikel vergünstigt. «Einige Hersteller sind am längeren Hebel und können die Preise diktieren», sagt Denner-Mediensprecherin Paloma Martino. Ausserdem betonen die Detailhändler, dass ein Teil der Kosten in der Schweiz anfalle, also trotz Euroschwäche unverändert geblieben sei.
Frühere Beiträge:
- Kassensturz-Euro-Warenkorb: Wann werden diese Artikel billiger? Kassensturz-Euro-Warenkorb: Wann werden diese Artikel billiger?
- «Kassensturz»-Euro-Warenkorb: Aldi senkt mehr als Coop «Kassensturz»-Euro-Warenkorb: Aldi senkt mehr als Coop
- «Kassensturz»-Warenkorb: Euro-Rabatt nur bei einem Drittel «Kassensturz»-Warenkorb: Euro-Rabatt nur bei einem Drittel
- Euro-Warenkorb: Preise sinken, aber nicht stark genug Euro-Warenkorb: Preise sinken, aber nicht stark genug
Die Stiftung für Konsumentenschutz bestätigt, dass die Detailhändler die Währungsgewinne weitergegeben hätten. Doch das sei nicht genug. «Wir bezahlen für Importprodukte und Markenprodukte immer noch viel zu viel. Hersteller verdienen sich eine goldige Nase mit den Schweizer Konsumenten», sagt SKS-Geschäftsführerin Sara Stalder im «Kassensturz».
Detailhändler kritisieren Hersteller
Der sogenannte Zuschlag Schweiz ist immer noch sehr gross. Schweizer Detailhändler sind faktisch gezwungen, sich bei den Schweizer Vertretungen einzudecken und müssen viel mehr bezahlen als deutsche Detailhändler. Denner nennt mehrere Beispiele, bei denen der Verkaufspreis in Deutschland wesentlich tiefer ist, als der Einkaufpreis, den Denner beim Hersteller zahlen muss. «Das heisst der Kunde kann in Deutschland günstiger einkaufen als wir von Denner beim Importeur. Das darf nicht sein», kritisiert Paloma Martino.
Die Hersteller schreiben, für die Preise am Regal seien die Detailhändler zuständig. Ausserdem würde bei ihnen ein Grossteil der Kosten in der Schweiz anfallen. Zudem betonen mehrere Hersteller, dass auch die regelmässigen Aktionspreise in der Schweiz berücksichtigt werden müssen.