In der Schweiz fallen jährlich etwa 130‘000 Tonnen Elektroschrott an. Kaum gekauft sind viele Geräte schon kaputt. «Ich schätze 60 Prozent würde wahrscheinlich noch funktionieren, wenn man es mit leichtem Aufwand reparieren würde, was aber nicht gemacht wird», sagt Sacha Moser von Bühlmann Recycling.
6000 Tonnen Elektroschrott pro Jahr werden beispielsweise allein im Recyclinghof Bühlmann in Münchenwiler in der Nähe von Murten rezykliert. Und die Müllberge wachsen immer weiter.
Das ist kein Zufall. Denn Hersteller bringen die Konsumenten mit unterschiedlichen Methoden dazu, die Geräte fortzuschmeissen. «Kassensturz» zeigt ein paar Methoden für unnötige kurze Lebensdauer von Produkten.
Methode 1: Akku ist fest verbaut.
Martin Bosshard besitzt eine elektrische Zahnbürste von Oral-B. Kurz nach Ablauf der Garantiezeit, nach zwei Jahren ging der Akku kaputt. Martin Bosshard fragt bei Oral-B nach. Ihm wird gesagt, das Gerät sei nicht reparierbar.
Mit dieser Antwort gibt er sich nicht zufrieden. In seiner Werkstatt öffnet der Hobbybastler mit Anleitungen aus dem Internet die elektrische Zahnbürste und ersetzt den Akku. Seitdem läuft das Gerät wieder einwandfrei. Seit anderthalb Jahren.
Martin Bosshard versteht nicht, weshalb man an sich einwandfreie Geräte bereits nach zwei Jahren wegwerfen sollte. «Ich unterstelle diesen Leuten einen absichtlichen Konstruktionsfehler. Man sollte doch ein Gehäuse so konstruieren, dass man als Konsument den Akku selber ersetzen kann!» Warum soll das nicht möglich sein.
Oral-B schreibt «Kassensturz»: «Elektrische Zahnbürsten müssen wasserdicht sein. Deshalb legen wir bei Oral-B den Fokus auf maximale Gebrauchssicherheit und nicht auf die Auswechselbarkeit des Akkus.» Ausserdem betont der Hersteller, grundsätzlich würden Geräte auch nach der Garantiezeit repariert.
Ein Riesenproblem: Kurze Lebenszyklen der Produkte
Auch viele andere Elektrogeräte lassen sich nur schwer reparieren, weil die Gehäuse oftmals verschweisst sind oder mit Spezialschrauben verschlossen.
Christoph Hugi ist Professor an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Er forscht im Bereich der Nachhaltigkeit und sagt: Die Hersteller planen den Lebenszyklus der Produkte exakt. Er kritisiert, diese Lebenszyklen seien viel kurz.
«Es ist aus umwelttechnischer Sicht eine Katastrophe. Oft werden in solche elektronischen Geräte seltene Metalle verbaut, die teilweise unter problematischen Bedingungen abgebaut werden», sagt der Professor im Konsumentenmagazin «Kassensturz» von SRF1.
Methode 2: Versteckte Schwachstellen
Alex Bojic ist Radio-und Fernsehelektriker. Seit mehr als 20 Jahren betreibt er in Basel ein Fachgeschäft für Unterhaltungselektronik. Er stellt fest: Auch Fernseher hätten immer kürzere Lebenszyklen. «Man beobachtet heute vermehrt, dass diese Geräte kurz nach Ablauf der Garantiezeit aussteigen.»
In seiner Werkstatt zeigt Alex Bojic «Kassensturz», weshalb die Geräte so früh kaputt gehen. Die Hersteller würden bestimmte Schwachstellen einbauen, zum Beispiel minderwertige Elektrolytkondensatoren in Netzteilen bei Fernsehgeräten.
Die defekten Elektrolytkondensatoren ersetzt der Basler Fernsehelektriker durch hochwertigere. Diese seien bloss ein paar Rappen teurer, würden aber doppelt so lange halten.
Der Verdacht von Fachleuten: Hersteller von TV-Geräten bauen bewusst minderwertige Bauteile ein. Sie verkürzen damit die Lebensdauer und zwingen die Konsumenten ein neues Gerät zu kaufen.
Marktleader Samsung betont: Die Geräte funktionierten länger. Zu den Elektrolykondensatoren sagt Samsung aber nichts. Der Hersteller schreibt: «Die von Ihnen vorgebrachten Behauptungen sind nicht korrekt und es gibt keine substantiellen Evidenzen die diese unterstützen.»
Methode 3: Software Update
Häufig zwingt auch ein Software Update die Kunden dazu, das Gerät zu wechseln. Neuere Anwendungen laufen nicht mehr auf dem «alten» Gerät – selbst wenn es nur 2-3 Jahre alt ist. Das kommt bei Navigationsgeräten vor und sehr häufig auch bei Smartphones.
SRF-Fachredaktor Jürg Tschirren erklärt: Zum Teil seien es technische Gründe, «zum Teil glaube ich aber, ist es auch ziemlich bewusst, dass man den Konsumenten einen Anreiz gibt, vom alten Gerät auf ein Neues zu wechseln, obwohl das alte Gerät betreffend Hardware noch einwandfrei funktionieren würde.»
Aufruf der Stiftung für Konsumentenschutz:Über 400 Meldungen
Bei der Stiftung für Konsumentenschutz stapeln sich nach einem Aufruf Produkte, die frühzeitig und unnötig kaputt gingen. Geplante Obsoleszenz heisst dies im Fachjargon.
Der geplante Verschleiss betreffe zahlreiche verschiedene Produkte, nicht bloss Elektrogeräte sagt Geschäftsführerin Sara Stalder sondern beispielsweise auch Schuhe und Kleider.
Seit ihrem Aufruf hat die Stiftung für Konsumentenschutz über 400 Produktemeldungen erhalten und überprüft. Die systematische Auswertung ergebe ein deutliches Bild, sagt Sara Stalder.
Es sei auf viele verschiedenen Arten möglich Produkte kurzlebig herzustellen sagt, Geschäftsführerin Sara Stalder. Auffallend sei, häufig trete der Defekt kurz nach Ablauf der Garantiezeit auf.