Vor vier Monaten ist Natalie Marti mit ihrem Mann Walid Al Fakhih und den beiden Töchtern (2 und 4 ½ Jahre) in ein Einfamilienhaus in Derendingen eingezogen. Sie hatten das Haus sorgfältig ausgesucht und einen passenden Betreuungsplatz für die Kinder organisiert.
Bei der Hausübernahme irritierte Natalie Marti, dass eine Angestellte der Vermieterin Villiger Treuhand sie mehrmals darauf hinwies, dass sie richtig lüften müssten.
Drei Wochen nach dem Einzug entdeckte die Familie Schimmel hinter einem Sofa. Danach fanden sie auch starken Schimmelbefall im Keller. Ende Dezember entdeckten sie auch hinter einem Schrank im Wohnzimmer und im Schlafzimmer Schimmel.
Natalie Marti El Fakhihi: «Es war nicht viel, aber wir haben uns Sorgen gemacht, weil wir zwei kleine Kinder haben, die in der Nacht zu uns schlafen kommen. Wir hatten Angst, dass dies Auswirkung auf unsere Gesundheit hat.»
Den Keller konnten sie nicht nutzen. «Von Anfang an hat es muffig gerochen. Wir haben alles rausgenommen, weil wir Angst hatten, dass es unsere Sachen angreift.»
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Es gibt Hundertausende Schimmelarten. In höherer Konzentration können Schimmelsporen Augen, Atemwege und Haut reizen. Ein Drittel der Bevölkerung reagiert empfindlich auf Schimmelpilzgifte. Bei Allergikern können schon kleinste Spuren im Raum zu Allergien führen.
Die Verwalterin des Hauses, die Villiger Treuhand, sagt, es habe im Haus «noch nie Schimmel» gehabt. Schuld am Schimmel sei die Familie. Sie hätte zu wenig gelüftet.
Immerhin: Die Verwaltung engagierte einen Bauphysiker der spezialisierten Firma MBJ Bauphysik + Akustik AG. Seine Analyse: Da die Wände nur 17 Zentimeter dick sind, bieten sie kaum Wärmeschutz. Die Mauern sind zu kalt. Im Haus kann kein vernünftiges Raumklima entstehen.
Zudem sei das Haus im Jahr 2013 falsch saniert worden. Damals hatte der Haus-Besitzer neue luftdichte Fenster eingebaut. Deshalb zirkuliert nun im Haus weniger Luft. Dafür steigt die Feuchtigkeit. Dies führt an den kalten Wänden unweigerlich zu Schimmel.
Der Bauphysiker Werner Müller sagt, die Familie Marti sei nicht schuld am Schimmel: «Die Messergebnisse haben gezeigt, dass das Nutzverhalten in den Normen ist und es trotzdem Schimmelpilz gibt es.» Auch wenn regelmässig gelüftet wird, entstehe Schimmel.
Die Martis wollten ihr Sachen aus dem Keller nehmen und auf den Estrich lagern. Doch der war verschmutzt mit Kot und Dreck von Vögeln, die hier genistet hatten. Weil sie nicht alle Zimmer benutzten konnten verlangen Natalie Marti von der Verwaltung eine Mietzinsreduktion.
Natalie Marti El Fakhihi: «Ich fühle mich von der Verwaltung hereingelegt, weil ich davon ausgegangen bin, dass sich vom Schimmel gewusst haben.»
Tatsächlich muss der Vormieter schon unter Schimmel gelitten haben. Gegenüber Kassensturz schreibt er: «Auch ich habe Schimmel im Haus gehabt. Ich habe das der Verwaltung gemeldet. Ohne Erfolg. Sie hat nicht reagiert.»
Villiger Treuhand bestreitet, dass im Haus schon einmal Schimmel aufgeteten sei. Sie schreibt: «Wir haben vor der Reklamation nicht gewusst, dass Schimmel im Wohnbereich entstand. Falsch ist die Annahme, im Wohnbereich seien Zimmer nicht benutzbar gewesen. Der Keller (…) kann basierend auf dem Bericht der Bauphysiker genutzt werden und stellt keine Gefahr dar.»
Doch gemäss Bauphysiker Werner Müller muss der Schimmel im Keller saniert werden: «Das ist ein typischer Keller-Schimmelpilz, der in vielen Kellern entsteht. Er ist sehr gefährlich, weil er sich durch kleine Bewegungen in der Raumluft weiterverteilen kann.» Deshalb sei der Keller nicht geeignet für die Lagerung von Holzmöbel, Kleidern, Bücher oder anderer Haushaltsartikel.
Die Martis hatten genug, wollten raus aus dem Haus, eine Mietzinsreduktion für die unbenutzbaren Räume und eine Entschädigung für ihre Umzugskosten.
Schimmel ist ein Mangel
Ein Haus oder eine Mietwohnung, die wegen Schimmel nicht richtig genutzt werden kann muss sich niemand bieten lassen, sagt Kassensturz Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner: «Gemäss Mietrecht ist Schimmel in der Wohnung ist ein Mangel. Dafür kann ich eine Mietzinsreduktion verlangen. Einerseits für die Räume, die ich nicht mehr oder nicht gleich stark nutzen kann. Andererseits kann ich auch Schadenersatz geltend machen, zum Beispiel für die Umzugskosten oder für Möbel, die durch Schimmel kaputt gegangen sind.»
Trotz der klaren Rechtslage bleibt Villiger Treuhand hart. Sie will der jungen Familie weder eine Mietzinsreduktion gewähren noch etwas an die Zügelkosten bezahlen.
Vorgehen bei Schimmel
- Beweise sichern: Fotografieren sie den Schimmelbefall mit einem Grössenvergleich und genauer Ortsbeschreibung.
- Verlangen Sie von der Verwaltung per Eingeschriebenen Brief, dass der Schimmel innert einer Frist entfernt wird.
- Liegt ein Baumangel vor (zu schlechte Lüftung/ zu dichte Fenster), diesen von einem Experten (Bauphysiker) bestätigen lassen.
- Entfernt der Hausbesitzer/ die Verwaltung den Schimmel nicht, können Mieter den Mietzins bei der Schlichtungsbehörde hinterlegen und dort eine Schlichtung beantragen.