Vom renommierten Wissenschaftsmagazin «Nature» kam letzte Woche die jüngste Entwarnung. In einem Artikel wurden zwei Studien zur Häufigkeit von Demenz in Grossbritannien verglichen. Die Erkenntnis: Wider Erwarten nahmen die Neuerkrankungen innert zwei Jahrzehnten um 20 Prozent ab.
Bereits zuvor gab es Studien aus anderen Ländern, die ähnliches berichten. Das «New England Journal of Medicine» publizierte eine Auswertung aus Framingham. In der Stadt an der amerikanischen Ostküste werden seit den 70er-Jahren tausende Bewohner medizinisch beobachtet – immer weniger erkranken an Demenz.
Für Reto W. Kressig, Altersmediziner am Felix-Platter-Spital in Basel, stellen diese neuen Zahlen aus mehreren Studien eine Trendwende dar. Das bedeute, dass es in den kommenden Jahrzehnten nicht zur erwarteten, explosionsartigen Ausbreitung von Demenz komme, sagt er gegenüber «Puls». Die bisherigen Prognosen müssten überarbeitet werden.
In der englischen Studie waren es vor allem die Männer über 65, bei denen die Neuerkrankungen zum Teil stark zurückgingen. In der amerikanischen Studie stellte man fest, dass eigentlich nur gut gebildete Personen vom Rückgang profitierten. Experten vermuten zwei Hauptfaktoren hinter dieser Entwicklung in den wohlhabenden Ländern der Welt:
- Der Anteil gut ausgebildeter Menschen hat zugenommen. Geistige Fitness hat einen nachweislich positiven Einfluss auf das Demenzrisiko.
- Gefässkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck lassen sich heute deutlich besser behandeln, was sich positiv auf das Herzinfarkt- oder Schlaganfall-Risiko auswirkt. Solche Herz-Kreislauf-Krisen, die das Entstehen einer Demenz begünstigen, treten vermehrt erst in höherem Alter auf.
Die von «Puls» befragten Altersmediziner erwarten, dass sich der im Ausland gemessene Trend auch in der Schweiz zeigen wird. Allerdings lässt sich das nur vermuten, da in der Schweiz keine entsprechenden Studien laufen und auch keine Zahlen erhoben werden, die entsprechende Auswertungen erlauben würden.