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«Das Teilen von Daten ist ein Grundanliegen unserer Gesellschaft»

Apple und IBM wollen unsere Gesundheitsdaten sammeln. Andrea Belliger von der Pädagogischen Hochschule Luzern sieht darin mehr Chancen als Risiken.

Gesundheitsdaten wie die Herzfrequenz oder auch der Kalorienverbrauch sollen über Apps zusammenfliessen und dann weiter genutzt werden. Apple und IBM haben vergangene Woche bekannt gegeben, dass sie hier zusammenarbeiten wollen. Die gesammelten Daten würden Forschung und Entwicklung anonymisiert zur Verfügung gestellt.

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Gesundheits-Apps als Chance
aus HeuteMorgen vom 20.04.2015.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 32 Sekunden.

SRF-Redaktorin Christine Wanner hat darüber mit Andrea Belliger gesprochen. Sie ist Professorin an der Pädagogischen Hochschule Luzern und befasst sich mit der Digitalisierung der Gesellschaft. Von der Meldung über die Gesundheitsdaten war sie positiv überrascht.

Prof. Andrea Belliger: Ich habe gedacht «Wow! Endlich kommt Bewegung in das Thema Digitalisierung der Gesellschaft!» Das wird in der Schweiz im Bereich von elektronischen Patientendossiers, eHealth etc. eine neue Dynamik auslösen. Interessant ist übrigens, dass diese Innovation nicht aus dem traditionellen Gesundheitswesen kommt, sondern von grossen, weltweiten Firmen.

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Prof. Andrea Belliger hat Theologie, Philosophie und Geschichte studiert und ist Prorektorin an der PH Luzern. Sie forscht, lehrt und berät Organisationen zu Fragen von Trends und Veränderungen im gesellschaftlichen Kommunikationsverhalten, insbesondere in den Bereichen Bildung, Verwaltung und Gesundheit.

SRF: Müsste nicht das gerade skeptisch stimmen?

Nein, ich denke nicht. Wir haben ein wachsendes Bewusstsein im Umgang mit Gesundheitsdaten. Gerade in der Schweiz ist sich die Bevölkerung sehr bewusst, dass diese Daten uns selber gehören – jedem einzelnen. Und wir wollen auch selber darüber verfügen und entscheiden, wer zu welchem Zweck zu ihnen Zugang hat.

Wenn von diesen eigenen Daten die Rede ist, denkt man in erster Linie an sogenannte «Quantified self»-Daten wie zum Beispiel die Pulsfrequenz. Was kann denn das bringen?

Das Spannende ist, dass man als Einzelperson – als Patient oder als Gesundheitskonsument – zum ersten Mal überhaupt über seine Gesundheitsdaten verfügt. Das ist eine kleine Revolution wie damals der PC, der die Informationsverarbeitung aus den Händen einiger weniger mächtiger Firmen befreit und zu einem Werkzeug für die Massen gemacht hat. Auf diesem Weg sind wir im Moment auch mit der Gesundheit: Sie ist nicht mehr etwas, das ich mir beim Arzt hole, sondern etwas, das ich in meinen Händen halte. Etwas, über das ich selber bestimmen kann und das ich anhand dieser Daten selber managen kann.

Das Teilen von Daten ist zu einem Grundanliegen unserer Gesellschaft geworden.
Autor: Prof. Andrea Belliger

In der Schweiz ist eine spürbare Skepsis vorhanden gegenüber elektronischen Patientendossiers oder dem elektronischen Impfbüchlein. Denken Sie, dass die Zusammenarbeit von Apple und IBM daran etwas ändert?

Ich glaube, diese Entwicklung lässt sich nicht aufhalten. Und wie jeder Wandel bietet sie Chancen und Risiken. Das könnte dazu führen, dass wir aus lauter Angst in eine Art Schockstarre verfallen und den Datenfluss übertrieben stark bremsen. Man muss sich aber bewusst sein, dass das Teilen von Daten heute zu einem Grundanliegen unserer Gesellschaft geworden ist. Wenn wir heute Informationen auf Facebook oder Twitter sharen oder unsere Genomdaten mit der Forschung teilen, dann nicht, weil wir naiv oder exhibitionistisch wären, sondern weil wir im Teilen einen handfesten Vorteil sehen. Teilen ist eine soziale Handlung.

Auf den medizinischen Bereich bezogen: Welchen Nutzen hat die Gesellschaft von der Zusammenführung so vieler individueller Gesundheitsdaten?

Das ist im Moment kaum abzusehen. Alle Welt sammelt wie verrückt und generiert eine Unmenge Daten, ohne genau zu wissen, was sich in Zukunft mit diesen Daten anfangen lässt. Denkbar ist, dass sich die Qualität der medizinischen Behandlung unglaublich verbessert, wenn es gelingt, diese Daten am «Point of care», also beim Patienten, anzuwenden. Da sind wir aber erst auf dem Weg dorthin. Aktuell besteht die grösste Herausforderung noch darin, all diese Informationen, die aus unterschiedlichen Quellen stammen und in unterschiedlichen Formaten vorliegen, überhaupt gezielt einzusetzen.

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