Wer in den letzten Tagen und Wochen die Medien verfolgt hat, ist wohl verwirrt. Das Meereis nehme zu, schreibt eine englische Zeitung. Die Klimaforscher könnten die Abschwächung der Erderwärmung nicht erklären, liest man andernorts. Alles viel schlimmer, schreiben wieder andere. Blogs und Twitter komplettieren die Verwirrung. Wie soll der Laie den heute veröffentlichten Bericht zur Klimaänderung einordnen?
Der Bericht stellt auch Fragen
Qualitativ hochstehende, geprüfte Information ist rar geworden ist. Gerade jetzt kann der Wert des neuen Klimaberichts deshalb nicht hoch genug eingeschätzt werden. 800 Autoren, 1000 Gutachter, 55‘000 Kommentare und 4 Jahre Arbeit reflektieren nicht die Ansicht von einzelnen Autoren, sondern den Stand der Wissenschaft zu diesem Thema. Auf 1000 Seiten findet man nicht nur Antworten, sondern auch offene Fragen.
Auch dieses Dokument wird mit Sicherheit nicht fehlerfrei sein, aber es gibt wohl kaum einen Bericht, der einer solchen Qualitätskontrolle unterzogen wird. Er wird von allen Regierungen in Auftrag gegeben, und von ihnen als Uno-Dokument formal wieder akzeptiert. Dass die Regierungen den Prozess mitgestalten können und den Bericht am Schluss auch wieder entgegennehmen, ist die Stärke dieses Prozesses.
Nächtelange Diskussionen
Zu Recht gibt es aber auch kritische Stimmen: Politik, Industrie oder Lobbygruppen hätten zu viel Einfluss auf die Wissenschaft und den Weltklimarat – und umgekehrt. Klar ist, dass die Politik nie die Fakten des Berichts geändert hat, aber der politische Druck ist gross geworden ist. Auch für diesen Report war es äusserst schwierig, einen Konsens unter den Regierungen zu finden. Nächtelang wurde argumentiert, welche Aussage wo steht, welche Ausführung nur als Fussnote erwähnt wird und welche Worte verwendet werden.
In den Klimaverhandlungen gilt der Uno-Klimarat IPCC als die letztgültige wissenschaftliche Referenz, und es geht dort um viel Geld. Doch der IPCC-Prozess ist langsam und kompliziert geworden. Der neuste Bericht ist ein wissenschaftlicher Meilenstein, aber über die Form der zukünftigen Sachstandberichte und über die Rolle von IPCC bei den internationalen Klimaverhandlungen muss sicher nachgedacht werden.