Die Tatenlosigkeit der Türkei und der Weltgemeinschaft hat am Dienstag weltweit tausende Kurden auf die Strasse getrieben. In zahlreichen mehrheitlich von Kurden bewohnten Städten im Osten und Südosten der Türkei kam es zu Zusammenstössen zwischen Demonstranten und der Polizei, aber auch mit Islamisten. Doch auch in der Metropole Istanbul und in der Hauptstadt Ankara kam es zu Kundgebungen. Mindestens ein Dutzend Menschen wurden getötet, viele weitere verletzt.
Die Demonstranten verlangten von der Regierung in Ankara, mehr zum Schutz der syrischen Grenzstadt Kobane zu unternehmen. IS-Kämpfer sind bereits in die Stadt vorgedrungen. 180'000 Menschen sind aus Kobane und ihrem Umland in die Türkei geflohen. Das Parlament hat zwar den Einsatz der Armee in Syrien und dem Irak autorisiert, doch hat die Regierung von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bisher keine militärische Intervention gestartet.
Tränengas gegen Kurden
Die Kurdenpartei HDP rief zu den landesweiten Protesten auf. Die türkische Polizei ging mit Tränengas gegen Demonstranten vor, die Autos und Reifen in Brand steckten. Allein in der südöstlichen Grossstadt Diyarbakir wurden acht Menschen getötet und zehn weitere bei einem Schusswechsel zwischen Demonstranten und islamistischen Gruppen verletzt.
In Varto, einer Stadt in der osttürkischen Provinz Mus, sei ein 25-jähriger Mann bei Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstranten ums Leben gekommen, berichteten örtliche Medien. Sechs weitere Demonstranten seien verletzt worden.
Die Behörden hätten in der Nacht in sechs Provinzen Ausgangssperren verhängt, berichteten türkische Medien. Die Zeitung «Radikal» sprach von «kriegsähnlichen Zuständen» in mehreren Städten des Landes.
Demonstranten im Europaparlament
Nicht nur in der Türkei, sondern auch in zahlreichen Städten Deutschlands, Frankreichs und Belgiens gab es Proteste der Kurden.
Bei einer Strassenschlacht zwischen Kurden und radikalen Muslimen sind in Hamburg mehrere Menschen verletzt worden. 400 Kurden lieferten sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit etwa rund 400 mutmasslichen Salafisten. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein.
Mehrere Dutzend kurdische Demonstranten drangen in das Europaparlament in Brüssel ein. Nachdem sich mehrere Abgeordnete mit ihnen zu Gesprächen trafen und Parlamentspräsident Martin Schulz einer Delegation seine Unterstützung gegen die Dschihadisten zusagte, zogen die Demonstranten wieder ab.